Chemnitz „Schrei nach Anstand“ wird zu hohlem Getöse

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„Schrei nach Anstand“, BA vom Samstag, 8. September

Großes Lob wird in diesem Artikel jenen Musikern gezollt, die in Chemnitz gegen „rechts“ aufgetreten sind. „Musiker kehren ihr Inneres nach außen – zumindest, wenn sie ihre Texte noch selbst schreiben.“

Man sollte bei solch pauschalem Lob genauer hinsehen und sich vor Blankovollmachten hüten. Das Innere dieser Musiker kann zuweilen sehr zerklüftet sein. Eine Band, die jetzt in Chemnitz Front gegen „rechts“ machte und bereits vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, hatte in der Vergangenheit in ihrem Repertoire den Text: „Die Bullenhelme, die sollen fliegen, eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein.“

Verbale Brutalität

In den „Schrei nach Anstand“ stimmten in Chemnitz auch die Hiphopper von K.I.Z.ein – eine Rockgruppe, die schon einmal ihr ganz spezielles Verhältnis zum Anstand verkündet hat: „Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse.“ „Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt.“ Gewalt, Hass, Brutalität, Hetze – hier ist alles vorhanden, worüber man sich zum Glück noch aufregt und womit sich unser Antidiskriminierungsgesetz befassen könnte.

Rockbands, die sich mit derartiger verbaler Brutalität exponieren, sind nicht nur in Chemnitz fehl am Platz. Sie verkehren den „Schrei nach Anstand“ in ein hohles Getöse und bestätigen die Vermutung, dass es auf beiden Seiten der politischen Trennlinie in Chemnitz Abscheu erregende schwarze Schafe gibt. Doch gegen „rechts“– ist nicht Rechtsextremismus gemeint? – ist offenbar alles erlaubt.

Die Auseinandersetzung sollte von unbelasteten Bürgern geführt werden und von Sachargumenten beherrscht sein – in den Grenzen des Rechts- und Verfassungsstaates, der die Würde eines jeden (!) Menschen schützt. Und entgegen der politischen Korrektheit darf es dabei keine Rolle spielen, ob der politische Gegner als rechts oder links verortet wird, solange es sich nicht um Extremisten der einen oder anderen Seite handelt.

Dieter Stephan

Bensheim

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