Haus am Markt Schwarmintelligenz motivierter Bürger ist nicht gefragt

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„Bürgerhaus: Ein Neubau auf alten Grundmauern“, BA vom 17. Juli, und „Das Haus am Markt ist Geschichte“, BA vom 24. Juli

Viele Bensheimer Bürger hoffen immer noch auf die politische Vernunft der Verantwortlichen in Rathaus und Parlament, um ein weiteres „verkorkstes Großprojekt“ zu vermeiden – und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Aber können wir wirklich darauf hoffen, dass in der Verwaltungsspitze und bei den Stadtverordneten der koalierenden Parteien ein Umdenken einsetzt? Die Erfahrung spricht dagegen. Die Schwarmintelligenz interessierter und motivierter Bürger ist nicht gefragt.

Das ist im Bund nicht anders: Stuttgart 21 würde, ganz offiziell zugegeben, nach „heutigen“ Erkenntnissen – der Protest hatte da offensichtlich mehr Durchblick – nicht mehr gebaut werden, die Reparatur der Gorch Fock kostet heute eben das Vielfache, und dass die Maut ein Flop werden würde, war vielen bewusst, nur leider nicht denjenigen, die vollmundig versprechen, das Wohl des deutschen Volkes wahren und mehren zu wollen, vom jahrzehntelang ignorierten Klimawandel ganz zu schweigen.

Ein Lieblingsprojekt für jede Partei

Doch leider, leider beginnt das Desaster schon im Kleinen – wie etwa in unserem schönen Bensheim. Da finden sich drei Parteien zusammen, die erst einmal schon damit zufrieden sind, das Sagen zu haben. Im Koalitionsvertrag befriedigt man die andere Seite mit der Festschreibung des jeweiligen Lieblingsprojektes, und so haben wir nun der BfB das Millionengrab des Bürgerhauses mit jährlichen Zusatzkosten von einer halben Million zu verdanken und der CDU das noch unübersehbare Zuschussprojekt des Hauses am Markt. Bei solch zu erwartenden, überbordenden Schulden können wir doch nicht auch noch die Abschaffung der Anliegerbeiträge zum Straßenausbau für uns Bürger erwarten.

Nicht mal einen Baum gerettet

Und was verdanken wir der GLB? Ach ja, die Zustimmung zu all diesem Wahnsinn „trotz schwerwiegender Bedenken“. Ich kenne nicht mal einen Baum, der durch den Einspruch der Grünen vor dem Fällen gerettet worden wäre. Das gilt sowohl für die Bäume an Markt- und Kirchhofvorplatz wie für die angeblich kranken Platanen auf dem Nettoparkplatz hinterm Bahnhof, die dem Hessentag weichen mussten und deren schattenspendende Wirkung schmerzlich zu vermissen ist. Sie sahen vor dem Fällen genauso gesund aus wie die immer noch vorhandenen Platanen vor dem Bahnhof und die am Ende des Parkplatzes, weil der Raum für den Aufbau des Zeltes dort wohl nicht benötigt wurde.

Wen wundert es da noch, dass die Politikerverdrossenheit einfach nicht abnehmen will? Auch wenn der Bürger bei der nächsten Wahl seinen Unwillen zum Ausdruck bringen kann, sind einmal getroffene Fehlentscheidungen irreversibel.

Aber ein Placebo halten BfB und CDU noch für uns bereit: Vielleicht finden sie ja bis dahin doch den vielbeschworenen Nahversorger für die Innenstadt. Dann ist alles gut, und die GLB stimmt bestimmt zu.

Doris Tiemann

Bensheim