"MM" rund um die Uhr - Kein Tag ist wie der andere

Im Sekundentakt passieren unzählige Dinge - in Mannheim, in der Metropolregion, auf der Welt. Eine Zeitung wie der "Mannheimer Morgen" hilft dabei, wichtige von unwichtigen Ereignissen zu trennen. Die Redakteure durchleuchten Nachrichten, gehen Ereigniss

Von 
Anne Kathrin Doerr
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6 Uhr: Volontärin Janina Hardung steht am Branich-Tunnel in Schriesheim im Rhein-Neckar-Kreis. Nach vierjähriger Bauphase wird der Tunnel eröffnet. Klar, dass ein "MM"-Reporter vor Ort ist und berichtet.

6.30 Uhr: Auf der A 6 ist ein Lastwagen umgekippt. Die Bergungsarbeiten laufen. Es bildet sich ein langer Stau. Vor allem für Berufspendler eine wichtige Information. Der Online-Frühdienst hat die Nachricht in wenigen Sätzen im Newsticker auf "morgenweb.de" veröffentlicht. Dort finden sich chronologisch die wichtigsten Meldungen des Tages im Überblick. Aus ersten Bildern von der Unfallstelle erstellt der Mitarbeiter eine Fotostrecke. Sie ergänzt den ausführlichen Bericht auf der Startseite. Die Nachricht wird auch in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter verbreitet und über Kommunikationsdienste wie WhatsApp auf Smartphones geschickt.

8 Uhr: Im Zentralsekretariat der Redaktion klingelt das Telefon. Ein Leser möchte wissen, wann der Artikel über den Heidelberger Skulpturenpark erschienen ist. Gudrun Roy hilft ihm gern weiter. Ihre Kollegin Stefanie Avril bearbeitet derweil E-Mails. Das sind jedoch nur zwei von zahlreichen Aufgaben, die täglich im Zentralsekretariat anfallen. Die insgesamt acht Kolleginnen füllen die Terminkalender für die "MM"-Ausgaben, durchforsten das Postfach nach interessanten Terminen, pflegen die Veranstaltungsdatenbank, erfassen Leserbriefe, koordinieren Termine mit Autoren und Fotografen. So arbeiten sie Tag für Tag den Redakteuren zu und stellen jede Menge Organisationstalent, Durchsetzungsvermögen und Einsatzbereitschaft unter Beweis. Gegen 21 Uhr endet die letzte Schicht. Bis dahin ist im Zentralsekretariat immer jemand erreichbar.

8.17 Uhr: Janina Hardung kehrt von ihrem Termin in Schriesheim in die Dudenstraße zurück und schreibt ihren Artikel. Für den Newsticker, die Kurznachrichten im Internetauftritt "morgenweb" hat sie bereits von unterwegs eine kurze Meldung am Telefon durchgegeben. Jetzt geht eine längere Version online, die überarbeitet auch in die Zeitung wandern soll. An anderen Tagen beginnen die Reporter meist erst um 10 Uhr mit der Arbeit in der Redaktion. Aber aktuelle Ereignisse halten sich nicht an Terminpläne.

8.29 Uhr: Chefredakteur Dirk Lübke ist in die Zeitungslektüre vertieft. "Süddeutsche Zeitung", "Rheinpfalz", "Rhein-Neckar-Zeitung", "Stuttgarter Nachrichten", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Bild" und einige andere liegen vor ihm.Welche Themen stehen auf den Titelseiten der anderen Zeitungen? Über welche Nachricht wurde im "MM" ausführlicher berichtet? Hat ein Thema gefehlt? Auf dem Tablet-PC sind die Seiten "Spiegel-Online" und "morgenweb.de" geöffnet. Im Hintergrund läuft die "Tagesschau". Nichts darf durchrutschen, nichts übersehen werden. Lübke entwickelt Ideen für die langfristige Planung ebenso wie für die aktuelle Ausgabe. Das Postfach ist gefüllt. 150 bis 200 E-Mails täglich - außerdem Briefe, oft noch mit der Hand geschrieben, warten auf Bearbeitung.

8.30 Uhr: Blattmacherin Anja Görlitz plant an ihrem Arbeitsplatz im Newsroom den Text über den Branich-Tunnel als großen Aufmacher - also als wichtigsten Text - für die Seite Metropolregion ein. Der Newsroom ist das Herz der Redaktion - die Einsatzzentrale. Hier läuft alles zusammen. Blattmacher aller Ressorts haben hier ihren festen Platz: Politik, Welt und Wissen, Wirtschaft, Kultur, Sport, Aus aller Welt, Lokales, Regionales, Online ... alles ist vertreten. Anders als ihre Reporter-Kollegen sind die Blattmacher nicht "draußen" auf Terminen. Sie bleiben an ihrem festen Platz und managen von dort die Seiten. Planen Themen und deren Umsetzung, entwickeln Ideen für Grafiken und Layout - und das Wichtigste: Sie tauschen sich ständig mit den anderen Blattmachern und mit Newsroom-Chefin Melanie Ahlemeier und Chefredakteur Dirk Lübke aus. Im Newsroom ist jeder auf dem neuesten Stand.

10.30 Uhr: Die große Konferenz im Newsroom beginnt. Jetzt herrscht hier noch mehr Leben als ohnehin schon. Reporterin Madeleine Bierlein ist an diesem Tag für die Blattkritik zuständig. Das heißt, sie spricht Texte und Layout der Ausgabe des Tages an, die ihr besonders gut gefallen haben - oder die ihr negativ aufgefallen sind. Gibt es ein Thema, das zu kurz gekommen ist? Welcher Artikel ist besonders gut gelungen und warum? Welches Thema sollte in einer späteren Ausgabe vertieft werden? Die Blattmacher diskutieren zusammen mit der Chefredaktion die Anregungen der Kollegin und bringen weitere Vorschläge ein. Das Ziel: die Zeitung ständig zu verbessern und weiterzuentwickeln.

11.14 Uhr: Im Newsroom ist die Planungskonferenz noch immer in vollem Gange. Die Planung für die morgige Ausgabe wird verfeinert. Und wieder wird viel diskutiert: Welche Artikel wurden im "morgenweb" am meisten gelesen? Welche Fotostrecken geklickt? Welche Themen sollten morgen auf die erste Seite, welche Optik, also welches Bild, eignet sich?

11.30 Uhr: Der vorläufige Plan für die Ausgabe steht. Reporter machen sich auf den Weg, Blattmacher bauen die Seiten an ihrem Bildschirm. Natürlich wird sich noch vieles ändern. An den Wänden im Newsroom hängen große Bildschirme. Den ganzen Tag über behalten die Redakteure die aktuellen Nachrichten über sämtliche Kanäle im Blick - und bleiben mit ihren Kollegen im Gespräch.

12.00 Uhr: Newsroom-Chefin Melanie Ahlemeier ruft die Partnerredaktionen an. Über eine Konferenzschaltung sprechen sich nun auch die Kollegen aus Schwetzingen, Weinheim, Ladenburg, Lampertheim, Tauberbischofsheim und Bensheim mit Ahlemeier und den Blattmachern im Newsroom ab. Das geplante Wetterbild aus Mannheim auf der ersten Seite möchten die Kollegen in ihren Ausgaben nicht haben. Ein Alternativbild für die Partner wird gesucht.

12.10 Uhr: Sportreporter Christian Rotter ist auf dem Weg zu einer Pressekonferenz der Adler Mannheim. Eishockey-Fans können den Termin live auf Facebook verfolgen - ein Videoteam ist vor Ort. Simone Jakob hat eine Meldung vom Gerichtsprozess in Landau geschickt. Ein Zeuge hat ausgesagt. Es gibt eine interessante Wendung. Reporterin Bettina Eschbacher ist bei der Jahreshauptversammlung eines großen Unternehmens. Das Thema soll Aufmacher im Wirtschaftsteil werden. Vermutlich wird sie über das Ergebnis der Versammlung auch einen Kommentar, einen Meinungstext, schreiben.

12.30 Uhr: Online-Redakteur Daniel Kraft verschickt den Newsletter. Die wichtigsten Themen des Tages kommen so direkt ins E-Mail-Postfach der Leser. Kommentarthemen werden festgelegt. Abstimmungen mit Korrespondenten auf der ganzen Welt sollten jetzt bereits erledigt sein.

14.45 Uhr: Cheflayouter Tobias Dolch arbeitet an der Gestaltung der Seiten. Zusammen mit Blattmacher Hans-Dieter Füser lotet er die grafischen Möglichkeiten für die Südwest-Seite aus. Das ausgewählte Bild soll freigestellt werden. Das bedeutet, ein Teil des Bildes wird mit digitalen Werkzeugen ausgeschnitten und so ins Augenmerk des Lesers gerückt. Füser gefällt der Entwurf. Dolch beginnt mit der Bildbearbeitung.

15.20 Uhr: In einem nahegelegenen Kino soll ein bewaffneter Täter Geiseln genommen haben. Die Online-Redaktion berichtet aktuell im Minutentakt. Mehrere Reporter sind vor Ort. Die Lage ist unklar. Opfer? Verletzte? Chefredaktion und Blattmacher beraten, wie das Thema für die Zeitung aufbereitet wird. Weitere verfügbare Reporter werden in den Newsroom gerufen. Telefonleitungen laufen heiß. Von der Polizei gibt es zunächst keine Auskunft. Blattmacher Manfred Loimeier plant das Thema für die Seite "Welt und Wissen", die Seite 3, ein. Das eigentlich für diese Seite vorgesehene Thema wandert in den Stehsatz - es wird also für später aufgehoben. Aufgrund der Entwicklung des Falls entscheiden sich Chefredaktion und Blattmacher im Laufe des Tages dazu, mit dem Geiseldrama auch die gesamte Titelseite zu füllen. Reporter vor Ort tragen die Infos zusammen und schreiben bis in die späten Abendstunden.

16.33 Uhr: Reporterin Lara Sturm arbeitet seit zwei Tagen an einer Sonderseite zum Thema Sternenkinder - Kinder, die noch vor der Geburt im Mutterleib sterben. Außerdem beschäftigt sie die Frage, ab wann ein totgeborenes Kind hier als Mensch anerkannt wird. Für das sensible Thema hat sich Sturm mit mehreren Gesprächspartnern getroffen. Nun erklärt ihr ein Experte am Telefon die Gesetzeslage.

17 Uhr: Viele Texte stehen bereits auf den Seiten. Einige sind fertig, andere sind in Arbeit - oder sie fehlen noch ganz, weil der Reporter noch unterwegs ist. Zur sogenannten Blattabnahme werden alle Seiten ausgedruckt und an die Glaswand im Newsroom gehängt. Chefredaktion und Blattmacher begutachten das vorläufige Ergebnis. Überschriften werden besprochen, Formulierungen diskutiert. Die Ergebnisse werden später - im Anschluss an die Blattabnahme, die etwa eine Stunde dauert - an die Reporter weitergegeben. Sie arbeiten nun die Anregungen in ihre Texte ein. Während Blattmacher und Chefredaktion über den Seiten brüten, arbeiten die Reporter weiter an ihren Artikeln.

18.15 Uhr: Simone Jakob ist vom Gerichtstermin zurückgekehrt. Das Urteil ist wider Erwarten bereits gefallen. Der Angeklagte hat gestanden. Jakob wird statt eines kürzeren Textes am Fuß, also unten auf der Seite, einen Aufmacher schreiben. Sie gibt den neuen Stand an Blattmacherin Görlitz im Newsroom weiter. Die Seite wird umgebaut.

19.30 Uhr: Kulturchef Stefan Dettlinger fährt zur Premiere einer Aufführung im Nationaltheater. Die Vorstellung dauert mehrere Stunden. Der Blattmacher hat die Theaterkritik nicht mehr für die Kulturseite der aktuellen Produktion eingeplant. Sie wird einen Tag später erscheinen. Reporter Martin Geiger macht sich auf den Weg zu einer Gemeinderatssitzung in Heidelberg. Die wichtigsten Ergebnisse wird er direkt aus der Sitzung für das "Morgenweb" tickern.

20 Uhr: Der Leitartikel - der wichtigste Kommentar - von Bettina Eschbacher zur Jahreshauptversammlung ist nun auf der Seite platziert. Melanie Ahlemeier liest ihn Korrektur. Blattmacher Benjamin Jungbluth plant seine Aus-Aller-Welt-Seite nochmals um. Die Nachrichtenagentur dpa hat eine Eilmeldung geschickt. Der Fall um einen Krankenpfleger, der mehrere Menschen ermordet haben soll, hat sich zugespitzt. In der Online-Redaktion macht sich der Spätdienst bereit. Bis nach 22 Uhr berichtet er von aktuellen Ereignissen.

21.30 Uhr. In der Redaktionstechnik erstellt Lucia Pichler eine Grafik. Cheflayouter Tobias Dolch arbeitet mit fünf weiteren Kollegen an Grafiken und Bildern. Außerdem prüfen sie jede Seite. Stimmen die Abstände zwischen Texten und Bildern? Ist die Seite vollständig? Sind die Zwischenlinien gezogen? Erst wenn alles kontrolliert ist, geben sie die Seiten für den Druck frei.

23 Uhr: Vorläufiger Redaktionsschluss. An "normalen" Tagen muss jetzt alles fertig sein. An diesem Tag wird es später. Der aktuelle Stand des Geiseldramas muss noch in die Ausgabe. Dass es später wird, ist keine Seltenheit. Der Rücktritt eines Politikers, ein Unglück in der Region, ein wichtiges Spielergebnis - Nachrichten wie diese müssen in die Zeitung, oder wie Redakteure sagen "ins Blatt". Der Spätdienst kümmert sich darum. Abschließend liest er die aktualisierten Seiten. Der Druck verschiebt sich.

24 Uhr: In der Druckerei laufen die Maschinen auf Hochtouren. Für die Postausgabe, also die Zeitungen, die bundesweit und ins Ausland verschickt werden, beginnt der Druck schon um 21.45 Uhr. 23 Kilometer Recyclingpapier befinden sich auf einer Rolle. Insgesamt werden etwa 700 Kilometer Papier pro Ausgabe benötigt. Fließbänder befördern die fertigen Exemplare in Kleintransporter, die sie an Abladestellen in 447 Bezirken bringen - dort holen die Zusteller die verpackten Zeitungen ab.

2.30 Uhr: Klaudia Cammalleri beginnt damit, die Zeitungen in Mannheim-Käfertal zu verteilen. Ob es regnet, schneit oder es heiß ist - sie ist zu einer Uhrzeit unterwegs, zu der die meisten Menschen noch im Bett schlummern. Cammalleri ist eine von insgesamt 321 "MM"-Zustellern. Werden die Partnerzeitungen mitgezählt, kommen 634 Zusteller hinzu.

6 Uhr: Die druckfrische Ausgabe des "MM" steckt im Briefkasten. Online-Abonnenten können die Digitale Zeitung auf dem Tablet oder am Computer lesen. In der Redaktion hat derweil die Arbeit schon wieder begonnen ...

Volontariat Anne Kathrin Doerr ist seit Dezember 2015 Volontärin beim "Mannheimer Morgen". Während ihres Studiums der Germanistik, Sozialkunde und Bildungswissenschaften (Staatsexamen) an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und unmittelbar im Anschluss daran arbeitete sie unter anderem bei der Kindernachrichtensendung logo! (ZDF), der Tageszeitung "Die Rheinpfalz", der "Pirmasenser Zeitung" sowie dem Gastromagazin "Espresso" und engagierte sich bei Campusradio Mainz. Als Autorin schrieb sie das "LEO Pfälzer Hüttenbuch", das im März 2016 bei der Pfälzischen Verlagsanstalt erschienen ist. Ein Auszug daraus wurde in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Die Pfalz" gedruckt.

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