Leserbrief - Zum Leserbrief „Vernunft muss walten“ (FN, 23. März)

„Der bisher vorgesehene Platz für Aufbereitungsanlage ist verbrannt“

Von 
Josef Seubert, Alexander Kremer Sowie Dr. Andrea Decker-Heuer, Andrea Melbert
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© Fotolia/mapoli-photo

Lieber Matthias Baumann,

Sie haben vollkommen recht! Und deshalb haben wir uns dem Runden Tisch auch nicht verweigert: Miteinander zu reden ist gut und auch die einzige Chance, zu einer echten Lösung zu kommen. Und spät miteinander zu reden ist besser als gar nicht.

Dass so manches „gewaltig in die Hose gegangen“ ist, lässt sich auch darauf zurückführen, dass man (Stadtverwaltung und Konrad-Bau) nicht ehrlich mit den Bürgern geredet hat: Sonst wären aus den öffentlich angekündigten 50 000 Tonnen nicht klammheimlich 155 000 Tonnen geworden. Ehrlich wäre es gewesen, die Abfallliste, die der Stadt bereits vor der im Oktober 2015 von Stadt und Firma veranstalteten Informationsveranstaltung vorlag, auch der Öffentlichkeit bekanntzugeben. Man hätte also nicht beschönigend nur von „Boden“ geredet, den man verbessern wolle.

Die „Bodenverbesserungsanlage“ ist nämlich in Wirklichkeit (siehe Immissionschutzrechtliche Genehmigung) eine Abfallaufbereitungsanlage, in der die Bearbeitung sehr problematischer Abfälle geplant ist. Und die auf der Grundlage von 50 000 Tonnen prognostizierten 40 Schwerlast-Fahrten pro Tag hätten sich auf der neuen Grundlage von 155 000 Tonnen nicht nur – eine Frage der Grundrechenarten – auf 42 Schwerlastfahrten täglich erhöht.

Hätten Stadtverwaltung und Gemeinderat die vielen Eingaben von Gerlachsheimern bereits im Zusammenhang mit dem Bebauungsplanänderungsverfahren ernst genommen, wäre es zum bestehenden unerträglichen Schlamassel gar nicht erst gekommen.

Nun, lieber Herr Baumann, argumentieren Sie mit der Vernunft, deren Fehlen Freiheit und Demokratie gefährden und bemühen als Autoritäten hierfür sogar den Bundespräsidenten und insbesondere den Historiker Fritz Stern. Das erscheint uns alles andere als schlüssig, da Sie diese Argumentation benutzen, um alles zu relativieren.

Es wäre doch ganz und gar unvernünftig, unvernünftige Entscheidungen auf sich beruhen zu lassen. Wie kann man einem Dorf wie Gerlachsheim eine solche riesig dimensionierte Anlage zumuten? Das entbehrt jeder Vernunft. Hier werden Geschäftsinteressen über die berechtigten Bedürfnisse der Menschen gestellt. Ein bisschen mehr Gewerbesteuer darf auf gar keinen Fall wichtiger sein als Gesundheit und Leben von Menschen. Auch wenn Sie es nicht so sehen: Der bisher vorgesehene Platz (Gewerbegebiet Pfützenäcker) ist verbrannt.

Sie argumentieren mit Arbeitsplätzen. Die Anlage würde laut Antrag der Firma Konrad-Bau ganze zwei (als Zahl: 2!) Arbeitsplätze schaffen.

Wirklich vernünftiges Vorgehen berücksichtigt Erkenntnis, auch wenn sie spät erfolgt, und versucht alles, die aus der Unvernunft hervorgegangenen Entscheidungen zu revidieren oder zumindest zu korrigieren.

Natürlich hat jede Seite ihre „Wahrheit“, besser ihre Interessen. Aber nicht alle Interessen sind gleichberechtigt. Es gibt es auch so etwas wie eine „Hierarchie der Wahrheiten“. In dieser Hierarchie steht – so sagen es Bibel und Grundgesetz – der Mensch ganz oben.

Der Runde Tisch hatte die Aufgabe, einen alternativen Standort zu finden, und er wird auftragsgemäß den Mehrheitsbeschluss als Empfehlung an den Gemeinderat aussprechen. Damit hat er seine Aufgabe erfüllt.

Nun ist es Aufgabe des Gemeinderats und der Stadtverwaltung, diese Empfehlung mit aller Entschiedenheit und Kraft umzusetzen. Wir hoffen auf Konsens, wenn wir weiterhin und bis zum endgültigen Erfolg fordern: Keine Abfallaufbereitungsanlage am bisher vorgesehenen Standort!

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