Leserbrief - Zum Artikel „Ortsumgehung – Weg aus der Sackgasse?“ (FN, 18. Januar)

Wer sind eigentlich diese vermeintlichen Heilsbringer?

Von 
Tobias, Anette Endres Sowie Ulf Neumann
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In dem Artikel „Ortsumgehung Weg aus der Sackgasse?“ der Fränkischen Nachrichten vom 18. Januar wird über einen Vorschlag aus dem Umfeld von MdL Christina Baum berichtet, der ein „Weg aus der Sackgasse“ in Sachen Aufbereitungsanlage Gerlachsheim sein soll. Der noch amtierende Bürgermeister Thomas Maertens bezeichnet ihn als eine „kreative und interessante Idee“.

Wir fragen uns: Kann eine Idee aus diesem Umfeld „kreativ“ sein, und wer sind eigentlich diese vermeintlichen Heilsbringer?

Vorschläge und Ideen sind grundsätzlich zu hören und zu prüfen, egal von wem sie kommen und selbst, wenn sie alles andere als neu sind.

Dieser Respekt zeichnet unsere Freiheit aus und unterscheidet unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung von verbrecherischen und menschenverachtenden Diktaturen, es ist der Respekt vor dem politisch Andersdenkenden.

Wir können und dürfen nicht verhindern, dass gewählte Politiker in Landtage einziehen, auch wenn uns deren Ansichten widerstreben. Wir müssen hinnehmen, dass diese Politiker ihre Mitarbeiter nach ihren Vorstellungen aussuchen – das ist ihr gutes Recht. Sie alleine bestimmen, welches „Umfeld“ Zugang zum Landtagsbetrieb erhält.

Auch der im Artikel erwähnte Mitarbeiter der AfD-Landtagsabgeordneten hat das Recht auf ein Privatleben, er darf sich in privaten Chats frei äußern, der private Raum ist ein geschützter.

In diesem Raum kann er unbehelligt menschenverachtende Sätze posten und schreiben, dass sich (Zitat:) „ein Holocaust wieder lohnen würde“; er darf sich im privaten Chat sogar einen Bürgerkrieg wünschen „mit Millionen Toten, Frauen, Kinder. Mir egal.“, er darf für den Attentäter Anders Breivik und für Hitler schwärmen und einen Kumpel privat fragen: „Würdest du lieber Sophie Scholl oder Anne Frank knallen?“

Als Mitarbeiter der AfD kann er sich außerdem ungehindert in allen Bereichen des Landtags bewegen und hat Zugang zu Informationen aus hochsensiblen Bereichen. Verständlich, dass Landtagsabgeordnete anderer Fraktionen sich Sorgen machen, um die Sicherheit im Parlament und die Sicherheit ihrer eigenen Mitarbeiter.

Gelangen solche Chatverläufe in die Hände von Journalisten, dann dürfen diese, dem Oberlandesgericht Karlsruhe sei Dank, veröffentlicht werden, denn die politischen Einstellungen von AfD-Mitarbeitern betreffen eine „die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage“ und dann können und dürfen wir uns, der Pressefreiheit sei Dank, über diesen Ungeist informieren und ein Bild davon machen, welches „Umfeld“ sich durch die AfD in unserem Landtag bewegt. (unter www.t1p.de/grauf).

Wir können allerdings auch nicht verhindern, dass ein solchermaßen bloßgestellter Mitarbeiter die veröffentlichenden Journalisten mit Klagen überzieht, das ist sein gutes Recht in unserem Rechtsstaat.

Vieles müssen wir also hinnehmen und dürfen wir nicht verhindern, wenn wir unser sensibles System bewahren wollen - auch wenn es angesichts solcher Sätze kaum erträglich scheint.

Aber wir können und dürfen doch zumindest eines: Uns mit aller Deutlichkeit und Leidenschaft dagegen verwehren, dass ein Umfeld, das für solche menschen- und lebensverachtende Sätze verantwortlich ist, in einem Atemzug genannt wird mit dem schönen, menschenfreundlichen und lebensbejahenden Wort „Kreativität“.

Aus einem lebensverneinenden Geist kann niemals etwas Kreatives erwachsen; kreativ sein heißt erschaffen und schöpferisch tätig sein, niemand, der (Zitat:) „auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen möchte“, darf kreativ genannt werden.

Die Kreativität gehört denjenigen, die das Leben und die Menschen lieben, den Erschaffenden und Schöpferischen.

Sie gehört Sophie Scholl und Anne Frank und all den Opfern, die sich den menschenverachtenden Schlächtern entgegenstellten, die verfolgt wurden und ihr Leben ließen.

Es mag einigen geistigen Erben der nationalsozialistischen Verbrecher durch die AfD gelungen sein, Zugang zu unseren Parlamenten zu erlangen – die Kreativität aber wird ihnen nie gehören.

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