Leserbrief - Zum Artikel „Zwei Führungen durch die Lioba-Kirche“ (FN 3. September)

War Lioba wirklich in Tauberbischofsheim?

Von 
Claudia Lodders
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Da die Lioba-Kirche nun in neuem Glanz erstrahlt, gehört natürlich zum „Tag des offenen Denkmals“ eine Führung und Informationen aus dem Leben der Heiligen Lioba dazu.

Erst die Franziskaner brachten im 17. Jahrhundert die Kunde von der Heiligen nach Tauberbischofsheim, vorher gab es kein Kloster und keine Gründungen von Frauenklöstern des angelsächsischen Bonifatius im Tauberbischofsheimer Raum. Kein historischer Beleg berichtet davon.

Die Geschichte einer Wunderheilung von Williswinda, die auf der anderen Seite der Tauber gelebt haben soll, durch Lioba ist vom Autor Rudolf von Fulda, rund 40 Jahre nach Liobas Tod eingefügt worden. Frauenklöster zu dieser Zeit waren fränkische Eigenklöster, eingerichtet für die Töchter der Adligen. Der Angelsachse Bonifatius holte seine Verwandte Lioba nach Fulda, um ein Doppelkloster, für Mönche und Nonnen, nach angelsächsischem Muster zu gründen. Dies war ein so genanntes Memorialkloster zum Gedenken nach seinem Tod, wie es in der damaligen Zeit üblich war.

Lioba wurde in Fulda die Äbtissin dieses Doppelklosters. Sie lehrte sowohl die Frauen und Töchter als auch die Mönche aus der adeligen Oberschicht und hatte später, wegen ihres hohen Bildungsstandes, auch Kontakte zum Königshaus.

Nach Bonifatius Tod wurde sie aus dieser Tätigkeit nach Schornsheim bei Mainz verbannt. Der vorgeschobene Grund war ihre Altersgebrechlichkeit, sie war inzwischen etwa 44 Jahre alt, damals sicher ein hohes Alter, doch sie lebte dort noch fast 20 Jahre Der Schritt nach Schornsheim war ungewöhnlich, da Äbte niemals ihre Klöster verließen, sondern dort weiterhin bis zu ihrem Tod versorgt wurden. In Schornsheim lebte sie in einem Fiskalgut/Königsgut und nicht in einem Kloster. In damaliger Zeit, die fränkische Kirche war inzwischen erstarkt, wurde Frauen verboten, zu predigen und es sollte wohl durch diesen erzwungenen Ortswechsel vertuscht werden, dass eine Frau als Äbtissin das Bonifatiuskloster Fulda geführt hatte.

Ein Eintrag in den Totenanalen des Klosters Fulda belegt aber, dass Lioba als Äbtissin von Fulda eingesetzt war.

So schön die alte Geschichte über Liobas Wirken und das Erblühen eines bedeutenden Kultur- und Bildungszentrums im Maintal ist, sollten wir doch bei den historischen Forschungsergebnissen bleiben. Es gibt keinen Beleg dafür, dass sie im Maintal tatsächlich gewirkt hat. Genaueres lässt sich im Buch von Bärbel Witten, Studien zur Kirchengeschichte, Band 13 unter dem Titel „Die Vita der Heiligen Lioba, eine angelsächsische Äbtissin im Karolingerreich“ finden.

Das Buch wäre eine gute Anschaffung für die hiesige Bücherei um sie der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen!

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