Leserbrief - Zur FN-Berichterstattung über den Schlachthof Tauberbischofsheim

„Wie verroht muss man sein?“

Von 
Dorothea Stephan
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Vor gut elf Jahren sind wir von unserer Heimat im Taubertal nach Niederbayern gezogen. Oft werden wir hier gefragt aus welcher Gegend wir denn kommen und wenn wir dann antworten: „Aus dem Main-Tauber-Kreis, aus der Gegend um Tauberbischofsheim“ , dann hören wir immer wieder mal: „Ach, ist das nicht die Stadt mit den erfolgreichen Fechtern und ist das nicht auch eine Weingegend?“ Seit letzter Woche wird sich ein weiterer nicht positiver Eindruck dazu gesellen, nämlich „Tauberbischofsheim, die Stadt, in deren Schlachthof so verheerende Zustände herrschen und wo man die Tiere massiv gequält hat, bevor sie – oft nicht mal richtig betäubt – aufgehängt und aufgeschlitzt wurden“.

Das Ganze noch unter Aufsicht eines Amtstierarzts, der nur zuschaut und nichts verhindert, was seine eigentliche Aufgabe wäre. Eine Schande für seinen ganzen Berufsstand. „Stern TV“ wird auch hier gesehen und die entsetzlichen Bilder bleiben im Gedächtnis, verbunden mit dem Namen Tauberbischofsheim. Wer nur einen Funken Mitgefühl hat, kann diese Aufnahmen nur schwer verkraften. Mir trieb es Tränen der Wut und Verzweiflung in die Augen. Die Tiere haben in der Regel ein Leben als Nutztiere hinter sich, dass auch oft nicht ihren Bedürfnissen entsprochen hat, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es die Landwirte kalt lässt, wenn sie sehen, wie ihre Tiere auf ihrem letzten Gang zum Nutzen des Menschen als Fleischlieferanten traktiert und gequält werden. Wie verroht muss man sein um diese Misshandlungen vornehmen zu können?

Täglich werden wir konfrontiert mit grauenhaften Aufnahmen aus den Kriegsgebieten und sind doch oft so hilflos, da eine Änderung der Situation nicht in unserer Macht liegt. Menschen, die ausgebombt werden, tote und schwerst verletzte Kinder, denen nicht mal eine ärztliche Versorgung zuteil wird, weil irgendjemand seine Stärke demonstrieren will und nicht zu Kompromissen bereit ist. Wir regen uns auf wie Tiere in Asien oder Osteuropa misshandelt werden. Hier nun ist es vor der eigenen Haustür. Wohlgemerkt unter Aufsicht der zuständigen Behörden. Ich hoffe sehr, dass es hier eine lückenlose Aufklärung geben wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Wofür brauchen wir Gesetze, wenn es keine Konsequenzen aus solch massiven Verstößen gibt? Eine Videoüberwachung in Schlachthöfen ist unumgänglich, dann müssen derartige Missstände nicht von Tierschützern publik gemacht werden. Dank gilt der „Soko Tierschutz“, die solche Aufnahmen auch erstmal verkraften muss.

Hoffentlich überdenkt der eine oder andere angesichts solcher Bilder auch seinen Fleischkonsum, ob es wirklich so viel und vor allem so billig sein muss, zumal es inzwischen genügend Studien gibt, die belegen, dass es der eigenen Gesundheit nicht zuträglich ist, wenn es zu oft auf den Teller kommt.

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