Zum Thema - "Erreichbare Ziele anstreben", Leserbrief von Wiebke Fabian (10.2.2014) Eine differenzierte Betrachtung notwendig

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Jeder hat einmal die Schulbank gedrückt. Wenn er dann noch erfolgreich ein Einzelkind erzogen hat, fühlen sich besonders in Deutschland Millionen als "Pädagogen", die genau wissen, wie Schule zu funktionieren hat, ohne es je unter Beweis stellen zu müssen.

Sehr viele Gedanken des Leserbriefes von Frau Fabian finden meine Zustimmung. Allerdings kann ich weder ihre Ansicht über die angeblich mangelnde innere Differenzierung des Unterrichts an Realschulen und Gymnasien teilen, noch die Meinung, Lehrkräfte an Realschulen und Gymnasien müssten ebenso wie Lehrkräfte an Grundschulen breitgefächert vorbereitet sein. Begabtere Kinder kann man im Grundschulbereich mit einigen besonders anspruchsvollen Rechenaufgaben oder einem Zusatzaufsatz für den Rest der Stunde versorgen bzw. beschäftigen und sich schwächeren Schülern zuwenden.

"Tragödien" am Schuljahresende

Dieses System funktioniert bei pubertierenden Schülern nur bedingt. Grundschüler sind noch mit einer intrinsischen Motivation ausgestattet, die mit Beginn der Pubertät immer mehr zurückgedrängt wird. Männliche Kollegen aus dem Hauptschul- bzw. Werkrealschulbereich haben in der Vergangenheit berichtet, welche "Tragödien" sich manchmal am Ende eines Schuljahres abspielten, wenn Lehrerinnen, die es gewohnt waren, jahrelang im Grundschulbereich zu unterrichten, von der Schulleitung mitgeteilt bekamen, sie müssten aufgrund der geänderten personellen Situation im kommenden Schuljahr auch mal eine 7. oder 8. Klasse übernehmen. Lehrkräften im Grundschulbereich ist es aufgrund der dort verlangten Lehrplaninhalte natürlich eher möglich breitgefächert zu unterrichten. Einer Lehrkraft in der Grundschule, die zwar nicht Naturwissenschaften und Technik mit Vertiefungsfach Biologie studierte, wird es eher möglich sein, sich in die Thematik "Tiere des Waldes : der Fuchs bzw. der Waldkauz " einzuarbeiten, als einer Lehrkraft im Sekundarbereich, die fachfremd plötzlich fundierte Kenntnisse im Bereich der Biotechnologie besitzen soll.

Ich glaube auch nicht, dass Frau Fabian glücklich wäre, wenn ihr Kind in der Sekundarstufe von einer breitgefächerten Lehrkraft in Mathematik in Themen wie Kongruenz, Trigonometrie, Eigenschaften von Prismen usw. unterrichtet würde. Oder eine andere breitgefächerte Lehrkraft in dieser Klasse für den Bereich Wasserstofftechnologie und Elektrochemie zuständig wäre. Schüler und Eltern würden bald den Unterschied zwischen einer fachlich gut ausgebildeten oder einer breitgefächerten Lehrkraft erkennen.

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