Harnoncourt war kein "Star"

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Zum Nachruf "Alte Musik neuartig erschaffen" vom 7. März:

Ja, der Tod des auch von mir hochgeschätzten Nikolaus Harnoncourt ist ein schwerer Verlust für die Musikwelt, doch etwas stört mich sehr an dem Bericht von Irmgard Rieger: ihn als Stardirigenten zu bezeichnen. Heutzutage gibt es ja fast nur noch Stargeiger, Starsopranistinnen, Startenöre und Starcellisten, aber seltsamerweise habe ich noch nie etwas von einem Staralt oder Starbass gehört.

Wie wär's mit einer Nummer kleiner, besonders wenn bei einem Dirigenten der Zusatz "Star" so gar nicht passt? Lorin Maazel und Eugen Jochum waren Stardirigenten, wenn man diesen Begriff überhaupt verwenden will, und Daniel Barenboim und Zubin Mehta gehören auch zu wirklichen Könnern ihres Fachs, aber Nikolaus Harnoncourt, ein hervorragender Musiker und Musikwissenschaftler, war nicht einmal ein guter Dirigent.

Gemessen an Zubin Mehta war Harnoncourts Schlagtechnik miserabel schlecht, und sein oft wildes Herumgefuchtel störte die meisten Orchestermusiker. Aussage eines Berliner Philharmonikers: Ich gucke da gar nicht hin. Trotzdem konnte Harnoncourt das vermitteln, was er wollte, und bei gutem Willen des Orchesters entstanden trotz der handwerklichen Mängel seiner Schlagtechnik großartige Aufführungen. Vielleicht sollte man doch nur jene ganz wenigen Künstler mit dem Zusatz "Star" versehen, auf die das auch wirklich zutrifft.

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