Revisionistisch und engstirnig

Lesedauer

Zum Artikel "Was sollte uns heilig bleiben?" vom 28. Januar:

Die (kürzlich wiedervereinigte) AFD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag fordert, "die Gelder für die NS-Gedenkstätte Gurs im Südwesten Frankreichs auszusetzen" (Zitat ihres Internetauftritts unter www.afd-fraktion-bw.de), und zieht damit viel Kritik auf sich. Diese kontert sie - ebenfalls auf ihren Internetseiten - mit den Worten: "Wenn es darum geht, den Haushalt zu konsolidieren, darf es bei einzelnen Positionen keine Tabus geben."

Schauen wir uns diesen Haushalt, um den sich die AFD so sehr sorgt, in seiner Gesamtheit an, so stellen wir fest, dass er ein Volumen von ungefähr 48 Milliarden Euro hat und das Land 2017 ohne neue Schulden auskommen will.

Die Mittel für Gurs, die die AFD gerne einsparen möchte, belaufen sich auf 120 000 Euro und machen also gerade einmal 0,00025 Prozent des Landeshaushaltes aus!

Auch verglichen mit den jährlichen Zinszahlungen für die Schulden des Landes Baden-Württemberg (1,7 Milliarden Euro) kommt man nur auf 0,007 Prozent. Die vorübergehende Spaltung der AFD in zwei Fraktionen kostete laut Landtagsverwaltung 222 331 Euro, wobei eine letzte Tranche von 40 000 nicht mehr ausgezahlt wurde.

Erfreulicherweise aussichtslos

Der Landeshaushalt hätte also deutlich mehr davon profitiert, wenn uns die Mitglieder der AFD-Fraktion das Schauspiel rund um ihren antisemitischen Parteifreund Wolfgang Gedeon erspart hätten, als wenn nun die Mittel für das Gedenken an die 1940 aus Baden und der Pfalz nach Gurs deportierten und dann zum allergrößten Teil in Auschwitz und anderswo ermordeten Deutschen jüdischen Glaubens gestrichen würden.

Ein Gutes hat die - angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Landtag erfreulicherweise völlig aussichtslose - Forderung der AFD aber doch: Sie macht einmal mehr deutlich, dass die baden-württembergischen Parlamentarier dieser Partei nicht die netten Bürgerlich-Konservativen sind, als die sie sich - angeführt von Herrn Meuthen - so gerne präsentieren.

Dunkle Seiten nicht verschweigen

Sie sind von demselben revisionistischen und engstirnigen Geist geprägt wie die Herren Höcke und Gauland, die ganz offensichtlich ein Problem damit haben, dass die deutsche Geschichte leider nicht nur erfreuliche Aspekte zu bieten hat, und die dunklen Seiten gerne verschweigen möchten.