Unhistorisch und unfair

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Zum Leserbrief von Wolfram Höschen vom 7. Februar:

Der Leserbrief von Herrn Höschen suggeriert dem weniger Informierten beziehungsweise Interessierten, dass Luther der größte Antisemit seiner Zeit gewesen sein soll, wie es auch der Lutherische Landesbischof von Thüringen, Martin Sasse, 1938 in einem Buch glaubte, feststellen zu müssen. Diese Fokussierung auf die späten antijüdischen Schriften ist unhistorisch und auch unfair.

Der Gegenreformator Johannes Eck überbietet alles an Grobheit, Hass und Verleumdungen in einer gegen den für die Juden eintretenden Nürnberger lutherischen Reformator Osiander gerichteten Schrift. Und auch der in liberalen Kreisen hoch verehrte Humanist Erasmus von Rotterdam lobte seinerzeit - also zu Lebzeiten Luthers - Frankreich in höchsten Tönen, weil es sich mehr als andere Länder von Juden "fein gesäubert" habe.

Judenhass im Mittelalter

Reuchlin schließlich, der größte Hebraist unter den Humanisten, forderte von den Juden Buße, Besserung, Bekehrung - für Verstockte blieb die Vertreibung. England vertrieb seine Juden bereits 1290, Frankreich 1394 und Spanien 1492 - also lange vor Luther. Was wohl wenigen bekannt sein dürfte: Im Mittelalter war es üblich, dass Wanderprediger und Mönche offen gegen die Juden hetzten. Dass die Kirche dagegen anging, ist unwahrscheinlich. (Willy A. Roth, Mannheim)

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