Fußball - Der aus Mannheim stammende nigerianische Nationaltrainer Gernot Rohr spricht über seine erste WM und ein mögliches Duell gegen Deutschland

"Das ist die Krönung meiner Karriere"

Von 
Alexander Müller
Lesedauer: 

Seine Spieler ließen Trainer Gernot Rohr nach der gelungenen WM-Qualifikation Nigerias hochleben.

© dpa

Bordeaux/Mannheim. Die nigerianischen Zeitungen waren voll des Lobes, auf den Straßen in Lagos und Abuja jubelten die Menschen: Der sensationelle 4:2-Erfolg im Testspiel im russischen Krasnodar über Vizeweltmeister Argentinien am vergangenen Dienstag löste in Nigeria riesige Euphorie aus. Mittendrin: Der Mannheimer Nationaltrainer Gernot Rohr (64), der die "Super Eagles" zuvor schon souverän zur WM in Russland geführt hatte.

Der Mann mit Erfolgsgarantie

Geboren wurde Gernot Rohr am 28. Juni 1953 in Mannheim, er wuchs im Stadtteil Neckarau auf. Mit dem Fußballspielen begann der Sohn des Gymnalsiallehrers und Fußballtrainers Philipp "Fips" Rohr, in der Jugendabteilung des VfL Neckarau und bereits zu Schulzeiten trat er in der DFB-Jugendauswahl an.

Nach Stationen beim FC Bayern München, dem SV Waldhof und den Kickers Offenbach, wechselte Rohr nach Frankreich zu Girondins Bordeaux. Mit dem Erstligisten wurde der Mittelfeldspieler 1984, 1985 und 1987 dreimal französischer Meister.

Seit 2016 ist er Nationaltrainer von Nigeria, zuvor war er in Burkina Faso, Niger und Gabun tätig.

Herr Rohr, 4:2 gegen Argentinien, das war aber einmal ein richtiges Ausrufezeichen.

Gernot Rohr: Natürlich gibt uns das Aufwind vor dem WM-Jahr, man muss die Euphorie sogar ein bisschen bremsen. Die Nigerianer denken: Wenn man den Vierten in der Weltrangliste schlägt, kann man bei der WM sogar Dritter werden. Die träumen schon alle.

Wie haben Sie die Argentinier denn so fulminant schlagen können?

Rohr: Sie waren eine Halbzeit lang stark und führten 2:0. Bis auf Messi und Romero spielte die A-Mannschaft, die ein paar Tage vorher Russland 1:0 geschlagen hatte. Aber in der zweiten Halbzeit haben wir sie ausgekontert. Argentinien spielt ein hohes Pressing, und wenn die Kraft dann nachlässt, werden sie anfällig. Das haben wir ausgenutzt mit unseren schnellen Stürmern.

Sie haben sich problemlos ohne Niederlage für die WM qualifiziert. Was zeichnet diese nigerianische Nationalmannschaft aus?

Rohr: Der Geist der Truppe ist hervorragend. Egal wer spielt, die Identität der Mannschaft bleibt erhalten. Wir sind gut organisiert, vor allem defensiv, was in Afrika nicht immer einfach ist. Und wir spielen einen sehr guten Konterfußball mit schnellen Angriffen. Gegen Argentinien fehlte sogar noch unser bester Spieler Victor Moses vom FC Chelsea verletzt. Das alles wird gut orchestriert von unserem erfahrenen Kapitän John Obi Mikel, der auch lange für Chelsea gespielt hat und jetzt übrigens im neuen Verein von Uli Stielike unter Vertrag steht.

Sie meinen Tianjin Teda in China?

Rohr: Genau. Das ist auch ein lustiger Zufall. Ich habe zu ihm gesagt: Du John, mein Kumpel Uli aus Ketsch ist Dein neuer Trainer!

Was ist für Nigeria realistisch gesehen bei der WM drin?

Rohr: Ich fliege am 1. Dezember zur Auslosung nach Moskau und würde mir wünschen, dass die ganz großen Namen an uns vorbeigehen. Wir sind nur in Lostopf 4, man muss abwarten, was da auf uns zukommt. Natürlich wollen wir die Gruppenphase überstehen.

Für Sie persönlich ist es doch sicher eine tolle Geschichte, mit 64 Jahren zum ersten Mal eine Mannschaft bei einer WM zu betreuen?

Rohr: Genau, eine tolle Geschichte im reiferen Traineralter. Aber wenn ich den Jupp Heynckes sehe, dann bin ich noch relativ jung (lacht). Im Ernst: Das ist die Krönung meiner Karriere, und die absolute Krönung wäre es, wenn wir auch noch gut abschneiden würden.

Träumen Sie von einem Vorrundenduell gegen Deutschland?

Rohr: Wenn wir in der deutschen Gruppe sind, wäre das natürlich fantastisch. Und Deutschland tut sich immer schwer gegen afrikanische Gegner. Wenn wir nicht zusammengelost werden, können wir ja vielleicht ein Freundschaftsspiel in der Vorbereitung bestreiten.

Wie sieht Ihr Fahrplan für die WM aus?

Rohr: Nach der Auslosung gehen wir sofort auf die Suche nach einem Vorbereitungscamp. Dann wählen wir die entsprechenden Testspielgegner aus, die unseren Gegnern in der Gruppe ähneln.

Sind Sie froh, dass das Thema WM-Prämien vom Tisch ist? Beim Turnier in Brasilien 2014 gab es ja großen Ärger bis hin zu einem Trainingsstreik.

Rohr: Das haben wir erledigt. Ganz korrekt, in einer ganz tollen Stimmung. Am Ende waren alle zufrieden und haben unterschrieben. Jetzt muss das nur eingehalten und ausbezahlt werden.

Wie oft sind Sie denn vor Ort in Nigeria?

Rohr: Pro Monat schon zwei bis drei Wochen. Ich muss häufiger nach Abuja, weil dort der Sportminister und der Verband sitzen.

Wie sieht denn Ihre Planung für die Zeit nach der WM aus?

Rohr: Der nigerianische Verband will meinen Vertrag schon verlängern. Der Präsident hat gesagt: Wenn wir Weltmeister werden, will die ganze Welt den Gernot Rohr! (lacht) Wünschen wir ihm, dass er recht behält.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

Mehr zum Thema

Fußball Gernot Rohr düpiert sogar Argentinien

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Fußball Mannheimer bringt Nigeria zur Fußball-Weltmeisterschaft

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Fußball in Deutschland und Frankreich Gernot Rohr genießt beide Welten

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Copyright © 2024 Mannheimer Morgen