Musik - Vor vier Jahren war Sänger Joris noch als Student an der Popakademie Mannheim – nun blickt er zurück

Von Mannheim in die Charts

Von 
Christiana Stern
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Beim „The Look of Sound“-Festival haben Udo Dahmen (v.l.), Joris, Philipp Kohl und Donni Schoenemond die Doku „Joris – Ich bin jetzt“ vorgestellt. © Stern

„Hier hat alles begonnen“, antwortet Joris auf die Frage, wie es sich anfühlen würde an die alte Hochschule zurückzukehren. Einige Male lässt er während des Interviews den Blick aus dem Fenster der Popakademie in den Jungbusch schweifen. Hier studierte er zwischen 2011 und 2015 Popmusikdesign mit Schwerpunkt Singer- und Songwriter, hier hatte er begonnen, deutsche Texte zu schreiben und brachte seine Karriere in Schwung.

Zur Person

Joris Ramon Buchholz wurde am 1. Dezember 1989 in Stuhr-Brinkum geboren und wächst in Vlotho, Nordrhein-Westfalen, auf.

Erste Erfahrungen als Schlagzeuger sammelt Joris in einer Schulband, später gründet er seine erste Band The Seastream.

Er absolvierte ein Bachelorstudium in Popmusikdesign an der Popakademie Mannheim. Hier lernte er seine aktuelle Band kennen.

Sein Debüt-Album „Hoffnungslos Hoffnungsvoll“ erscheint 2015, „Schrei es raus“ 2018.

Die Doku „Joris – Ich bin jetzt“ wird 2018 bei Apple Music und YouTube veröffentlicht. cst

Hits im WG-Zimmer geschrieben

Seit jener Zeit habe sich einiges verändert. Die Bauruine gegenüber ist komplett saniert, seine ehemaligen Kommilitonen sind ebenfalls „flügge geworden“, Weltmusik ist als Studiengang hinzugekommen und Joris hat es in die erste Riege der nationalen Musikkünstler geschafft. Doch wann war der Moment, als sich abzeichnete, da könnte was Ernsthaftes daraus werden? „Jeder von uns hat ja geträumt in der Musik mal eine relevante Rolle zu spielen, ob künstlerische Seite oder Business-Leute.“ Er habe damals bereits drei Viertel seines Albums fertig gehabt, teils in seinem Mannheimer WG-Zimmer, teils nach dem Unterricht in einem Café geschrieben. Der Wunsch nach Veröffentlichung sei in ihm entbrannt. Regelmäßige Stippvisiten in Berlin schafften die nötigen Kontakte, auch zu Produzenten. „Und irgendwie gab es auf einmal so eine Bewegung“, erinnert er sich. Studioaufnahmen Anfang 2014 in Berlin hätten den Stein endgültig ins Rollen gebracht und ebenso die Aufmerksamkeit der Plattenfirmen. „Ich habe immer davon geträumt einen richtigen Plattenvertrag zu bekommen“, verrät er. Und während einer Mittagspause sei das Langerträumte real geworden: „Ich hatte noch Vorlesung. Auf dem Weg zur Uni schaue ich auf mein Handy und hatte das erste Angebot von einer Plattenfirma“, erzählt er.

2014 habe er schließlich bei Four Music unterschrieben und dann sei alles recht schnell gegangen. Sein erster Song „Schneckenhaus“ brachte viel positives Feedback. „Bosse sagte auf einmal beim ECHO zu mir: ,Super Song’.“ Joris habe sich plötzlich wahrgenommen gefühlt. Der Folgetitel „Herz über Kopf“ stürmte die Charts und lief als gefühlte Dauerschleife im Radio. „Mein Debüt-Album kam 2015 heraus“, rekapituliert Joris. Das heißt „Hoffnungslos Hoffnungsvoll“ und markiert gleichzeitig seine Bachelorarbeit, in der vier Jahre Arbeit stecken. Genauer gesagt seine Freizeit nach dem Unibetrieb. „Ich habe mich immer schon musikalisch ausgedrückt, seitdem ich fünf Jahre alt bin“, sagt der gebürtige Westfale. Inspiration fand er in der Musiksammlung seines Vaters, das Klavierspiel erlernte er bei seinem Onkel.

Lebensmittelpunkt in Berlin

Trotz der frühen musikalischen Sozialisierung war eine Künstlerkarriere nicht direkt vorgezeichnet. „Nach dem Abi wollte ich etwas Anständiges machen“, schmunzelt er. „Ich war für Rechtswissenschaften in Hamburg eingeschrieben.“ Seine Künstlerseele schien offenbar andere Pläne zu schmieden und so begann er ein Ton- und Musikproduktions-Studium an der Hochschule der populären Künste in Berlin, bevor er merkte, dass er auf die Bühne gehört. „Ich habe dort von einem Kommilitonen erfahren, dass die richtig verrückten Leute hierher kommen würden“, sagt Joris in Bezug auf die Popakademie.

Das kreative Umfeld habe ihn sofort angesprochen, den akademischen Pflichten stand er eher murrend gegenüber. Mittlerweile lebt der Liedermacher in Berlin, doch sein Mannheimer WG-Zimmer habe er noch. Knapp vier Jahre sind seit seinen Studententagen vergangen. Er blickt inzwischen auf zwei erfolgreiche Studioalben zurück. Sein Besuch in der alten Heimat ist nicht zufällig. Im Rahmen des „The Look of Sound“-Festivals wurde die Doku „Joris – Ich bin jetzt“ der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt, im Anschluss gab es ein Gespräch mit ihm, den beiden Regisseuren und Udo Dahmen, dem künstlerischen Direktor der Akademie. „Die Idee zu dem filmischen Porträt hatte Joris selbst“, bestätigt Donni Schoenemond, der neben Philipp Kohl Regie führte und Musiker und Absolvent der Popakademie ist. Durch die Doku lernt der Zuschauer einen detailverliebten und perfektionistischen Joris im positiven Sinne kennen. „Joris lebt seine Musik“, sagt Band-Schlagzeuger und Popakademie-Absolvent Bino Engelmann in der Doku.

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