Gesundheit - Viele junge Erwachsene sind von Depressionen während der Studienzeit betroffen / Beratungsstelle gibt Tipps

Wenn die Seele leidet

Von 
Eric Dewald
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Versagens- und Zukunftsängste können bei Studierenden zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Panikattacken oder Angststörungen führen. © Kiewiet

Inzwischen sind mehr als jeder sechste Studierende von einer psychischen Diagnose betroffen. Deutschlandweit ist die Rede von etwa 470 000 erkrankten Studierenden, wobei es sich in 86 000 Krankheitsfällen um eine Depression handelt. Dies ergab der jüngste Barmer-Arztreport. Auch die Studie „Gesundheit Studierender in Deutschland 2017“ gibt alarmierende Einblicke über die psychische Gesundheit an Hochschulen. Die Studie ist ein Kooperationsprojekt der Techniker Krankenkasse (TK) und dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung und der Freien Universität Berlin. Zwar würden 80 Prozent der Befragten ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut bewerten, gleichzeitig litt aber auch ein erheblicher Anteil der Studierenden an depressiven Beschwerden.

Zahlen und Fakten über Depression

Depressionen könnte bis zum Jahr 2020 die zweithäufigste Volkskrankheit werden.

Etwa jeder sechste Studierende ist von einer psychischen Erkrankung betroffen.

Der Barmer-Ärztereport geht auch künftig von einem Anstieg der Zahlen aus.

Neben Zeit- und Leistungsdruck sind vor allem finanzielle Sorgen und Zukunftsängste Auslöser für Depressionen unter Studierenden.

Die Studie zur Gesundheit Studierender fand heraus, dass unter den Medizinern 84,1 Prozent angaben, dass sie mit ihrem Leben zufrieden sind, bei den Sprach- und Kulturwissenschaftlern nur 69,9 Prozent. eld

Gedrückte Stimmung

Weibliche Studierende berichteten dabei häufiger als männliche Studierende von einer depressiven Symptomatik. Ebenfalls gib es Unterschiede zwischen verschiedenen Studienfächern. Mediziner sind in der Regel zufriedener als Studierende der Sprach- und Kulturwissenschaften.

Eine abgesicherte klinische Diagnose einer Depression erhielten laut des Gesundheitsreports 2015 der TK immerhin rund 7,3 Prozent der erfassten Studierenden. Eine depressive Episode zeigt sich in der Regel dadurch, dass die betroffene Person über die Dauer von mindestens zwei Wochen verstärkt unter gedrückter Stimmung, Verlust von Interesse, Freudlosigkeit und gemindertem Antrieb leidet“, beschreibt Diplom-Psychologe Andreas Steimer das Krankheitsbild. Steimer ist beruflich als Leiter der Psychologischen Beratungsstelle (PBS) des Studierendenwerks Mannheim tätig.

Wer unter Depressionen leidet, sei nicht einfach deprimiert oder traurig, sondern empfinde Gefühle oft nur noch in reduziertem Ausmaß, erklärt der Experte weiter. Aus seinem tagtäglichen Umgang mit Studierenden weiß er, dass Versagens- und Zukunftsängste maßgeblich für depressive Verstimmungen im Studium verantwortlich sein können. Gleichzeitig hat Steimer in seiner persönlichen Arbeit in der Beratung auch die Erfahrung gemacht, dass Studierende über eine Vielzahl wertvoller Ressourcen verfügen, die positiven Veränderungen ihrer Gesundheit zuträglich sind. „Sie denken aktiv mit und sind sehr offen dafür, nach neuen Lösungen zu suchen und diese umzusetzen. Dadurch kann es in einigen Fällen sogar schon innerhalb weniger Beratungssitzungen zu ersten Besserungen und einer Reduktion auch depressiver Symptome kommen“, so seine Eindrücke. „Wenn allerdings eine ausgeprägte depressive Symptomatik vorliegt, dann reicht Beratung alleine nicht aus und es empfiehlt sich, eine weiterführende ambulante Psychotherapie zu machen.“

Die Zeit des Studiums ist für viele die schönste Zeit des Lebens, bringt aber auch viele Herausforderungen mit sich: Finanzielle Abhängigkeiten, Zeit- und Leistungsdruck sowie hohe Anforderungen an Selbstdisziplin und Eigeninitiative. All dies sind nach Steimer Faktoren, die eine psychische Krise begünstigen können. „Grundsätzlich tut man gut daran, Stress im Studium im Rahmen zu halten.“ Dies gelinge nicht nur durch regelmäßige Lernpausen, sondern auch durch sportliche Aktivität, das Einplanen von Entspannungszeiten sowie dem Pflegen von Freundschaften. Sollten die Symptome einer Depression dennoch langanhaltend auftreten, rät der Diplompsychologe Betroffenen, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als erste Anlaufstelle kann dabei die psychische Psychologische Beratungsstelle (PBS) des Studierendenwerks Mannheim dienen, welche neben unterstützenden Gesprächen eine erste Orientierung für eine weitergehende psychotherapeutische Behandlung bieten kann. In der Regel können Studierende hier bereits nach kurzer Wartezeit Termine für eine Einzelberatung wahrnehmen oder an Kursen oder Gruppenangeboten teilnehmen.

Hilfe durch frühzeitige Beratung

Im vergangenen Semester konnte man am Kurs „Entspannter Studieren durch Achtsamkeit“ teilnehmen oder in der „Themenoffenen Problemlösegruppe“ im Austausch mit anderen passende Lösungen für persönliche Probleme erarbeiten. Neben der psychologischen Beratung bietet das Studierendenwerk Mannheim auch eine Sozialberatung an, die bei Problemen wie der Studienfinanzierung weiterhilft.

Dass das Angebot der PBS Erfolg hat, zeigen Bewertungen ehemaliger Klienten: So geben Jahr für Jahr über 90 Prozent der Ratsuchenden im Abschlussgespräch an, dass sich ihre Problematik durch die Beratung in der PBS gebessert oder gar sehr gebessert habe.

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