Zum Artikel „Das dunkle Labyrinth“ vom 23. Juni:
Der interessante Bericht weckte in mir Erinnerungen an längst vergangene Erlebnisse, die nicht in Vergessenheit geraten sollten. Möge das folgende Abenteuer Lesern, die den Geist der damaligen Zeit noch kennen, ein bisschen Vergnügen bereiten:
Es war vor 60 Jahren. Man schrieb das Jahr 1958. Wir waren eine Gruppe Jungens in der achten Volksschulklasse in Oppau und unser Abenteuerspielplatz war genau der Ort, den Sie in Ihrem Artikel beschreiben, nämlich das Rheinufer und besonders der geheimnisvolle linksrheinische Pfeiler der Sandhofener Autobahnbrücke.
Dunkle Gänge zum Rhein
Dieser war damals zugänglich und wir konnten durch dunkle Gänge und Treppen hinabsteigen, bis auf das Niveau des Rheinwassers. Einige Kameraden imponierten durch ihr Wissen, indem sie die Taschenlampe löschten und in totaler Finsternis bis zur letzten Treppe vor dem Wasser hinunter führten. Dies konnte aber auch schief ausgehen.
Betrat man nämlich den Pfeiler von der anderen Seite, war die Gangführung anders und bei einer Verwechslung der Eingänge konnte man an einer Stelle gefühlte mehrere Meter in die Tiefe stürzen. Auf diese Weise zog sich ein Kamerad einmal einen Armbruch zu.
Wir nannten uns damals die Oppauer Bande und wir lagen mit der Bande des Nachbarorts Edigheim ständig im Kampf. Einen besonderen Reiz hatte es, mit der Brückenbahn zum Sandhöfer Ufer zu fahren, jedoch nicht motorbetrieben, sondern per Kettenantrieb über eine große, handbetriebene Kurbel. Natürlich war das verboten, doch das kümmerte uns wenig.
Bei einer dieser Fahrten über den breiten Fluss riss plötzlich die Kette und unser Gefährt stand still.
Waghalsige Kletterpartie
Was tun? Ein Hilferuf hätte niemand gehört und zudem wollten wir diese illegalen Unternehmungen nicht publik werden lassen. Also stiegen wir aus und hangelten uns entlang des schmalen Stahlträgers zurück zum Pfeiler.
Dabei waren auch zahlreiche senkrechte Stahlstützen zu passieren: Erst den einen Fuß auf die andere Seite bringen, dann den anderen nachziehen. Währenddessen möglichst nicht auf den Rhein, der unter uns unheimlich vorbei strömte, blicken.
Ein Fehltritt oder Abrutschen und man wäre hineingestürzt. Doch daran verschwendeten wir keine Gedanken, denn mittlerweile gab es eine andere Gefahr. Die Edigheimer Bande war aufgetaucht und hatte mitgekriegt, dass wir mitten über dem Rhein schutzlos Angriffen ausgesetzt waren.
Und so beschossen sie uns mit Steinschleudern, damals gängige Waffen zwischen verfeindeten „Banden“.
Zum Glück wurde niemand ernsthaft getroffen und am Ende, nach Erreichen des sicheren Ufers, kam es natürlich zu einer zünftigen Prügelei wegen des unsportlichen Verhaltens der Bande des Nachbardorfs.
Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2IJYqN9