Leserbrief Am Ende zahlen die Konsumenten

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Kraftwerke wie in Mehrum (Niedersachsen) erzeugen Treibhausgase. © dpa

Zum Kommentar „Doppelzüngig“ vom 11. Mai:

Ebenso wie Madeleine Bierlein in ihrem Kommentar schreibt, halte auch ich eine einheitliche Steuer auf alle CO2-Emissionen für ein sinnvolles Instrument, um für die Verursacher der Emissionen ökonomische Anreize zu deren Verminderung zu setzen. Im Prinzip würde eine CO2-Steuer ebenso wirken wie ein entsprechend ausgeweiteter Emissionshandel. Der einzige Unterschied ist, dass mit einer Steuer ein Preis für CO2-Emissionen vorgegeben wird (der jährlich steigen müsste), während beim Emissionshandel eine erlaubte Menge an Emissionen vorgegeben wird (die entsprechend jährlich reduziert wird).

Der Kommentar bemerkt richtig, dass die Ausweitung des Emissionshandels auf weitere Sektoren wie Verkehr und Landwirtschaft, auf EU-Ebene vermutlich lange Verhandlungen benötigen würde. Nach Artikel 24 der EU-Emissionshandelsrichtlinie dürfen Nationalstaaten aber allein in ihrem Bereich den Emissionshandel auf weitere Sektoren ausdehnen. Damit könnte Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen.

Auch wenn der Emissionshandel ein erfolgreiches und effizientes Instrument zur Einhaltung vorgegebener jährlicher maximaler Emissionsmengen ist, halte ich es für sinnvoll, die Mengenziele um einen Korridor von Mindest- und Maximalpreis zu ergänzen, oder eine CO2-Steuer einzuführen, die einen einzigen Preis setzt. Denn mit einem vorgegebenen Preispfad wäre die Belastung der Wirtschaft besser vorhersehbar und die Verursacher von Emissionen könnten besser die Wirtschaftlichkeit von langfristigen Investitionen zur Emissionsvermeidung kalkulieren, so dass sie auch mehr Anreize zu Forschung und Entwicklung neuer Technologien hätten. Die starre Mengenvorgabe hat in der Vergangenheit zu unberechenbaren Schwankungen des Zertifikate-Preises geführt und so langfristige Planung erschwert.

Sowohl bei einer CO2-Steuer als auch beim Emissionshandel müssen letztlich die Konsumenten zahlen, so dass ein Ausgleich erforderlich ist, wie zum Beispiel eine pauschale Pro-Kopf-Rückzahlung. Politiker, die eine CO2-Steuer ablehnen, weil sie die Bürger belastet, und deswegen den Emissionshandel als eine bessere Alternative befürworten, haben dieses Instrument einfach nicht verstanden.

Die Kommentatorin Madeleine Bierlein hat vermutlich damit Recht, dass die CO2-Steuer ein wirksames Steuerungsinstrument zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes sein könnte. Sie würde das gegenwärtige Sammelsurium von unkoordinierten ad hoc getroffenen Maßnahmen, Stückwerk ohne durchschlagenden Erfolg, durch eine umfassende einheitliche, alle treffende zielführende Regelung ablösen.

Recht hat Madeleine Bierlein jedoch nicht damit, vom Nulltarif zu sprechen. Die Deutschen tragen bereits immense Kosten für den Klimaschutz. Wir haben jetzt schon die höchsten Stromkosten in Europa und liegen weltweit mit an der Spitze. Rechnerisch steckt darin schon ein ordentlicher Anteil für den Klimaschutz, vergleichbar einer CO2-Steuer.

Allein die EEG-Umlage summiert sich auf über eine Billion Euro; ein Vier-Personen-Haushalt wird rechnerisch mit mehr als 60 000 Euro belastet. Und ihr Effekt ist gleich Null, weil der übergreifende Emissionshandel einfach nur zu einer Verschiebung der Emissionen in andere Bereiche und Länder führt – viele Milliarden also für ein Nullsummenspiel.

Es kommen zig Milliarden Euro für die Abschaltung der Atommeiler hinzu, neuerdings auch noch viele weitere Milliarden für den Kohlestromausstieg, ebenso für Dieselfahrverbote, und schließlich zur Zeit auch jährlich etwa 40 Milliarden Euro für die Aufnahme von Millionen Flüchtlingen – was ja auch als eine Art Klimapolitik angesehen werden kann. In der Summe der Kosten pro Person nehmen wir in der Welt mit großem Abstand die Spitze ein. Da muss es einen nicht wundern, wenn bei uns eine Mehrheit gegen eine zusätzliche CO2-Steuer ist. Die Belastung ist für viele schon jetzt untragbar. Die Politiker wissen natürlich um die Unbeliebtheit dieser neuen Abgabe und locken damit, dass das eingenommene Geld wieder an die Bürger ausgeschüttet werde. Solchen Versprechen glaubt bei uns aber keiner mehr.

Die Sektsteuer wurde 1902 von Kaiser Wilhelm II. eingeführt, um sein Kriegsflottenprogramm zu finanzieren. Die Flotte ist längst untergegangen, die Steuer gibt es aber immer noch. Sie brachte 2017 rund 383 Millionen Euro ein. Und der Solidaritätszuschlag, 1991 eingeführt zur Unterstützung der Beitrittsländer, sollte nach 20 Jahren abgeschafft werden. Dieses Jahr feiern wir im November das 30. Jubiläum des Mauerfalls, und den Solidaritätszuschlag gibt es immer noch.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2Jo1raG

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