Bürger haben alternativlose Vorbei-Verwalter satt

Lesedauer

Zum Kommentar „In Not“ vom 24. August:

Ziemlich hilflos reagieren Politik und Medien auf das Phänomen Populismus. Eigentlich unverständlich, wenn man sich die politische Entwicklung der letzten 40 Jahre anschaut. Walter Serif analysiert die SPD zu Recht als „völlig unberechenbar“ und beschreibt den Kandidat auf den Parteivorsitz Olaf Scholz als einen Menschen, „der kein Mann des Aufbruchs ist und keinerlei Begeisterung zu verströmen mag. Das gelingt gegenwärtig kaum einem Politiker in Deutschland“.

Anders als vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt bespöttelt, brauchen wir wieder Politiker mit Visionen, die aber die Bodenhaftung dabei nicht verlieren. Seit der Kanzlerschaft von Schmidt haben sich die Gewichte von der kommunalen bis zur Bundesebene verschoben. Der exekutive Bereich hat eine Überhand, ja Übermacht gewonnen, die Kontrolle durch die gewählten Abgeordneten versagt, weil diese nur noch damit beschäftigt zu sein scheinen, für jeweilige Koalitionen die Mehrheiten zu beschaffen.

Die Zahl der Verwaltungs- und Gesetzesvorlagen durch Ämter, Behörden, Dezernate und Ministerien, noch dazu von Lobbyisten vorformuliert, die von den Volksvertretern nur abgenickt werden, steigt immer mehr an. Seit Helmut Kohl und Angela Merkel wurden solche Maßnahmen immer weniger kritisch hinterfragt, weil sie von Regierungsseite aus sofort das Siegel „Alternativlos“ erhalten haben. Gerade im kommunalen Bereich ist diese Entwicklung besonders verheerend. Diskussionen und Argumente zählen kaum noch, die Verwaltung hat prinzipiell Recht und bewegt sich nicht, die Gemeinderäte stimmen zu.

Entschädigungslos enteignet

Muss ein Prestigeobjekt der Verwaltung dann doch aufgegeben werden, dann nicht aus Einsicht oder durch Umstimmung durch die besseren Argumente, sondern oft nur durch Gerichtsurteile, die betroffene Bürger erstritten haben. Bürger wollen auch nicht, wie das Beispiel Dieselfahrzeuge zeigt, wie in den 1990er Jahren steuerlich für ihr Umweltbewusstsein belohnt werden, und jetzt, wo man anscheinend zu anderen Bewertungen gekommen ist, durch kommunale und juristische Entscheidungen entschädigungslos enteignet werden.

Das ist der Kern der Politik- und Demokratieverdrossenheit, die eigentlich eine Verwaltungsverdrossenheit ist. Das ist die Wurzel des Populismus. Die Bürger haben die Politik und somit auch die Parteien satt, die nur noch „alternativlos“ an ihnen vorbei verwalten, statt zu gestalten. Die Bürger wollen mitreden und nicht durch verwaltungstechnische Spitzfindigkeiten oder Willkür an den Rand gedrängt werden und dafür auch noch Steuern zahlen.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2ZrVhhq