Das sagen Leser zum Streit um das Kopftuch einer Praktikantin

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So erschien der Artikel am 18. Juli in dem die Medizinstudentin H. ihre Vorwürfe gegen die Ludwigshafener Ärztin Hannelore Pitule erhob. © Grafik

Zum Artikel "Praktikum in Arztpraxis am Kopftuch gescheitert?" vom 18. Juli:

Als niedergelassener Arzt in einer akademischen Lehrpraxis für Allgemeinmedizin sind wir ebenso an der Ausbildung der Studenten beteiligt wie Frau Pitule. Die rechtliche Sachlage wird vom "Mannheimer Morgen" völlig korrekt geschildert.
Als Praxisinhaber darf ich selbstverständlich vorgeben, wie sich mein Personal zu kleiden hat, auch der Praktikantin. Da kann auch die Religionsfreiheit einer Muslima nichts daran ändern. Außerdem scheint mir dieser Streit von der jungen Migrantin buchstäblich an den Haaren herbeigezerrt, denn ich darf sicher auch im Namen meiner Kollegen sagen, dass in einer Arztpraxis keine Religion diskriminiert wird, da dort sowieso keine religiösen Symbole ausgestellt werden, allerdings jeder Patient ohne Ansehen seiner Religion nach europäischem Standard behandelt wird.
Wenn es um Menschenrechte und Religionsfreiheit geht, müssen insbesondere wir Ärzte, aber auch wir Europäer, uns alle nicht vor muslimischen Ländern verstecken! Ob Menschenrechte in arabischen Ländern ebenso geschützt werden wie bei uns ist nicht nur zu bezweifeln, es darf offen negiert werden.
Dort werden immer häufiger Christen wegen ihres Glaubens gefoltert und ermordet, ohne dass dieses Unrecht von Behörden verfolgt würde. Die junge Muslima sollte sich dieser Tatsachen eingedenk sein und dem Umstand Respekt erweisen, dass sie hier unser Gastrecht genießt, das in jüngster Vergangenheit schon viel zu oft mit Füßen getreten wurde.
Martin Strickfaden, Mannheim

Musste der Artikel sein? War das Sommerloch so groß? Hätten Sie ihr nicht zurückgeben können, dass sie dies intern klären solle, zumal daran die Ausbildung nicht scheitert?
Ist die Religionsfreiheit, Wissenschaftsfreiheit in Gefahr, die Würde aller billig und gerecht denkenden Musliminnen verletzt? Sie haben in Mannheim wahrlich größere Probleme und müssten den beteiligten Gremien nicht noch zusätzlich mutwillig Probleme einbrocken.
W. Krebs, Ludwigshafen 

Die Studentin H. hat seit ihrer Zuwanderung aus Tunesien 2008 Anspruch auf Sozialversicherung, ein kostenloses Medizinstudium, Krankenversicherung - doch sie verlangt mehr: das Recht auf Tragen eines Kopftuches trotz Ablehnung ihres Arbeitgebers. Genau diese Forderung aber hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als letzte Instanz zurückgewiesen (14.03.2017).
Die Arbeitgeberin - eine Ärztin - handelte somit vollkommen korrekt. Tatsächlich richtet sich der von Frau Ishak erhobene Vorwurf angeblicher "Diskriminierung" gegen sie selbst: Mit dem Kopftuch möchte sie "aus eigenem Entschluss" das Symbol einer Ideologie der Intoleranz, der Respektlosigkeit, der Verachtung und Diskriminierung Andersgläubiger tragen: Zwei Drittel des Korantextes widmen sich den untersten Kreaturen auf Erden - den ungläubigen "Kuffar" im beleidigendsten und niederträchtigsten Begriff, den die Sprache des Islams zu bieten hat. Wie mit ihnen zu verfahren ist, hat Mohammed im zunehmenden Dschihad seines Lebens gegen Ungläubige vorgelebt. Was das Kopftuch auf keinen Fall symbolisiert, sind westliche Menschenrechte als Gegenposition der Scharia.
Es ist deshalb "unserem Land, unserer Kultur, sowie unseren Traditionen fremd. Es unterstützt die Spaltung unserer Gesellschaft. Es ist Ausdruck einer bestimmten politischen Richtung unter dem Deckmantel der Religion.
Das Tragen des Kopftuches in der Öffentlichkeit, in Unterrichts- wie Regierungsgebäuden bleibt verboten" (Erklärung der Regierung sowie des Ministers des Inneren Tunesiens, 2006). Frau H. Dreistigkeit beim Einfordern eines ihr in Europa nicht zustehenden Rechtes gipfelt in der Diskriminierung ihrer Arbeitgeberin mit dem öffentlichen Aufruf in der Presse, diese habe "an der Uni nichts verloren".
Andreas Zoeltner, Heidelberg 

Ihr Redakteur Steffen Mack hat natürlich recht, wenn er die Leser zur Gelassenheit auffordert, wenn man auch bei diesem Artikel erhebliche Schwierigkeiten damit hat: Offenbar ist ihr Selbstbewusstsein, auch wenn sie "nicht doof ist, schließlich studiert sie ja Medizin" doch nicht ganz so ausgeprägt; sie bringt eine Freundin zum Interview mit.
Und verlangt allen Ernstes die Praxis von Frau Pitules dürfe nicht länger Lehrpraxis bleiben weil: "so jemand hat an der Uni nichts verloren". Das bestimmt nämlich sie. Na, dann verbergen Sie mal weiterhin Ihre äußere Schönheit, Frau H.
Monika Kieser, Mannheim 

Es gibt auch Menschen, wie den Verfasser dieses Leserbriefs, die sich durch religiöse Symbole aller Art in Einrichtungen, die man notwendigerweise besuchen muss, gestört fühlen. Im Übrigen hat der Europäische Gerichtshof vor kurzem entschieden, dass Arbeitgeber religiöse Symbole am Arbeitsplatz verbieten dürfen.
Wenn also Frau H., die ihr Praktikum mit Hidschab ableisten will, von der Universität fordert, sie solle das Lehrverhältnis mit der Ärztin beenden, weil diese den Hidschab in ihrer Praxis nicht dulden wollte, so ist das wiederum auch eine Art der Diskriminierung und der Intoleranz. Denn die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit kann nicht so weit gehen, dass religiöse Symbolik zum Eingriffsrecht in die Gewerbefreiheit und die Rechte anderer wird. Steven Kunz, Mannheim

Nein, das Praktikum ist keineswegs am Kopftuch gescheitert, sondern an dem "was unter dem Kopftuch vorgeht". Und nun macht Frau Ishak einen gewaltigen Sturm, weil sie sich diskriminiert fühlt?
Muss man wegen eines "großen oder kleinen Kopftuchs" die Landesärztekammer und den Integrationsbeauftragten sowie die große Öffentlichkeit in Form des "Mannheimer Morgen" einschalten? Für mich sieht das Ganze nach Wichtigtuerei, Rechthaberei und Starrköpfigkeit aus. Die Ärztin hat sich bemüht - aber die Praktikantin? War diese zu einem kleinen Entgegenkommen bereit?
Wenn Frau Ishak betont, ihre Persönlichkeit mit dem Kopftuch herauszustellen, dann könnte dies auch aussagen: "Seht her, ich passe mich Euren Gepflogenheiten nicht an, ich will mich bei Euch nicht integrieren." Für mich ist Integration keine Einbahnstraße.
Marlies Müller, Mannheim 

Mit einigem Befremden hab ich Ihren Artikel gelesen. Eine junge, tunesische Studentin darf darin eine langjährige, anerkannte und beliebte Ärztin, Fr. Dr. Pitules, mit der es nie Probleme rassistischer Art gab (im Gegenteil, sie hat ja viele Patienten aus Arabien, Afghanistan oder der Türkei, sowie Mitarbeiter mit Migrationshintergrund) diskreditieren und verleumden, ohne dass die betreffende Ärztin sich näher dazu äußern kann oder konnte.
Des Weiteren finde ich es mehr als "merkwürdig", wenn sie schreibt, sie trage "erst seit 2008, als sie und ihre Familie aus Tunesien nach Deutschland kamen, ein Kopftuch und sie wolle auch Niemanden provozieren". Ahja. Erst in Deutschland Kopftuch tragen wollen, in Tunesien aber nicht. Und provozieren möchte sie ja auch nicht.
Erstaunlich, wie gut diese nicht provozieren wollende Studentin da Bescheid weiß an wen sie sich alles wenden muss, um wegen eines banalen Kopftuchs so einen Aufriss zu starten und ständig weiter Öl ins Feuer gießen zu müssen.
Mika Lehr, Haßloch

Die Ärztin von der Uni zu verbannen, das schlägt dem Fass den Boden raus.
Steffen Schick, Mannheim 

Wir stehen als Ärzte in unseren Praxen in der Öffentlichkeit und sind somit eine neutrale Zone mit einem bunten Gemisch von Patienten aller in unserer Gesellschaft vertretenen Kulturen.
Ich als Praxisinhaberin und Lehrärztin lasse mir weder von Kopftuchgegnern noch von Kopftuchbefürwortern vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen habe. Ich empfinde Darstellung und Kommentar des Redakteurs in ihrer Tageszeitung als Zumutung und Rufschädigung.
Ich bleibe gegen der Empfehlung von Herrn Mack nicht gelassen und schreibe diesen Leserbrief. Die "künftige Kollegin" überschreitet mit der Nennung des Namens der betroffenen Kollegin ihre Kompetenzen und das wird hoffentlich nicht ohne rechtliche Folgen bleiben.
Petra Unold-Jung, Ladenburg 

Hierzu hat der Mannheimer Morgen versucht, sehr ausführlich zu recherchieren - wie es wirklich war, können wir nicht beurteilen, die Aussagen sind widersprüchlich.
Erstens: Ich glaube aber, dass es jedem Arbeitgeber unbenommen bleiben muss, ob er eine Frau mit oder ohne Kopftuch einstellt.
Zweitens: Zur Forderung der Studentin: "Diese Ärztin hat mich wegen meines Kopftuches diskriminiert. So jemand (immerhin eine Ärztin) hat an der Uni nichts verloren." Diese Aussage finde ich, um es mal vorsichtig zu formulieren, einfach daneben.
Drittens: Weiter sagt die Studentin: "Es geht auch darum, äußere Schönheit zu verbergen." Schönheit und Persönlichkeit muss ja kein Widerspruch sein. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass in muslimischen Ländern Frauen die missliebig sind, gern Säure ins Gesicht geschüttet wird. Ich glaube, diese Frauen würden alles dafür geben, etwas hübscher und ansehnlicher auszusehen. Die Strafen für diese Untaten, die immer Männer begehen, sind - sagen wir - sehr moderat.
Viertens: Ich würde mir doch sehr wünschen, dass der "MM" auch einmal all den verfolgten Christen in muslimischen Ländern und dem Töten von Christen eine ganze Seite widmet. Merkwürdigerweise ist das in keiner Zeitung Thema (die meistverfolgte Gruppe übrigens). In diesen Ländern gibt es keine Stelle bei der man sich beschweren kann. Da wird eine andere Sprache gesprochen.
Petra Stacha, Mannheim 

Was halten Sie von meiner Idee das Kopftuch, da es ja keine Koranpflicht ist, an der Garderobe (zum Beispiel wie ein Mantel) abzulegen, aber sodann nach dem freien Willen der Trägerin in der Öffentlichkeit etc. zu zeigen: "Ich bin eben eine andere".
Johanna Gaupp
, Mannheim 

Ich war früher auch als Ausbildungsleiter tätig. Wir haben in dieser Zeit etliche auch türkische oder türkischstämmige junge Menschen erfolgreich in verschiedenen Berufen ausgebildet. Darunter auch eine junge Frau, die sich während der Ausbildungszeit dazu entschlossen hatte, von jetzt auf eben ein Kopftuch auch bei der Arbeit tragen zu wollen.
Sie wäre in sich gegangen und hatte entschieden, dass sie künftig streng muslimisch leben möchte (vorher war sie sehr westlich eingestellt und entsprechend gekleidet und geschminkt). Inwieweit das mit der bevorstehenden Hochzeit mit einem der deutschen Sprache kaum mächtigen türkischen Mann zu tun hatte, mag ich nicht beurteilen.
Ich habe das Kopftuch mit der Begründung abgelehnt, dass wir in der Firma keinerlei religiöse Zeichen zulassen, also auch kein Kreuz, Käppi und so weiter. Ihre Beschwerde bei der Geschäftsführung wurde aus gleichem Grund abgewiesen.
Folge: Die junge Frau trug fortan morgens ihr Kopftuch bis zum Eingang der Firma, zog es dann ab und am Abend beim Verlassen wieder an.
Werner Wolf, Mannheim 

Was hat denn nur den "MM" bewogen, der Gekränktheit von Frau H. eine ganze Seite zu widmen? Eine Medizinstudentin verzichtet auf eine Praktikumsstelle bei einer Ludwigshafener Ärztin, weil diese von ihr verlangt, statt des Hijabs ein kleineres Kopftuch in der Praxis zu tragen, doch sie findet eine andere Praktikumsstelle, die ihre Verschleierung toleriert. Das Problem scheint gelöst.
Die Studentin aber geht an die Öffentlichkeit. Nicht, um zu zeigen, wie liberal manche Ärzte hierzulande selbst mit fundamentalistisch-islamischem Dresscode umzugehen wissen, sondern um ihre vermeintliche Diskriminierung durch die Ärztin - der "MM" nennt sie leider auch noch beim Namen - anzuprangern.
Unverblümt fordert sie gar: "So jemand hat an der Uni nichts verloren." Was ist es also bei Frau H., "was unter dem Kopftuch vor sich geht" (Steffen Mack)?
Rechtlich ist doch alles durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs klargestellt. Dennoch pocht sie auf ihr Persönlichkeitsrecht, ihre äußere Schönheit zu verbergen - eigentlich die bekannte religiöse Begründung, die "ehrenhafte" von "unehrenhaften" Frauen unterscheidet.
Wie kann sie dann aber für das "MM"-Foto sich schön machen und ihre Augenbrauen zupfen? Und vor allem: Wie kann sie sich über Diskriminierung beschweren, während sie selbst darauf beharrt, ein Symbol zu tragen, das andere Frauen als "unehrenhaft" diskriminiert?
Besonders glaubwürdig ist dies Verhalten nicht. Wer sich integrieren möchte, ist nicht nur fordernd, sondern kompromissbereit. Wer ein Klima der Toleranz in einer bunten Gesellschaft wünscht, diskriminiert und denunziert nicht selbst andere vorschnell und öffentlich.
Rita Maunz, Mannheim 

Ich bin sehr verwundert, dass sich der Mannheimer Morgen von einer sich selbst überschätzenden Studentin derartig für ihren Rachefeldzug gegen Frau Dr. Pikule instrumentalisieren lässt, ohne sich offensichtlich zu fragen, welche Motive wirklich dahinter stecken.
Auch kann ich bei dieser Angelegenheit kein öffentliches Interesse erkennen, das Veranlassung wäre, die Sache derart hoch zu spielen (Umfang, Platzierung, Foto). Ungeachtet dessen hätte ich schon eine ausgewogene Berichterstattung erwartet und solange noch Aussage gegen Aussage steht - und noch nichts endgültig geklärt ist - beiden Parteien der gleiche Raum gegeben wird.
Davon kann aber hier wohl keine Rede sein. Frau Dr. Pikule ist ja offensichtlich nicht fremdenfeindlich. Sie hat aber das Recht zu entscheiden, welche Kleidung in ihrer Praxis getragen wird.
Wenn sie nun Frau H. bittet, aus praktischen Gründen ein kleineres Kopftuch zu tragen - der Wunsch ist verständlich, wenn man das Foto betrachtet - hat das nichts mit Diskriminierung zu tun.
Die Rolle der Fakultät, die hier wohl vermitteln wollte, ist wegen der Erinnerungslücken der involvierten Mitarbeiterin nicht ganz klar.
Frau H. liegt nun aber wohl nichts an einer Deeskalation, sondern sie möchte ihre vermeintliche Macht demonstrieren auf Kosten einer angesehenen Ärztin.
Das zeigt ihr ganzes Verhalten. Wer gibt ihr das Recht zu entscheiden, mit welchen Arztpraxen die Fakultät als Lehrpraxen zusammenarbeitet?
Der Gipfel der Arroganz ist die Aussage: "Diese Ärztin hat mich diskriminiert. So jemand hat an der Uni nichts verloren." Niels Petersen, Mannheim 

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