Eine Minute Zeitersparnis genug für den Umstieg auf das Rad?

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Die Leser sind mit der vom Gemeinderat beschlossenen Wegführung des Radschnellweges durch die Feudenheimer Au unzufrieden. Sie kritisieren, dass die Natur unter dem Weg leidet. Das Bild zeigt den Fahrradfahrer Eugen Kast auf der bisherigen Route durch die Anlage. © Blüthner

Zum Artikel „Entscheidung über Radschnellweg“ vom 5. Februar:

Das war ja büttenreif, was der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Eisenhauer bei der gemeinderätlichen Debatte um den Radschnellweg von sich gegeben hat. Den Klimazielen soll es dienen, wenn Gartengrün in der Au zubetoniert wird.

Was für ein Nonsens, der da vorgebracht wird! Dass Autofahrer wegen der einminütigen Zeitersparnis aufs Rad umsteigen? Wer glaubt denn bitte so etwas?

Mit der Genehmigung einer breiten, beleuchteten Radautobahn durch die Feudenheimer Au hat die Natur in Mannheim wieder einmal eine Schlacht verloren. Die berüchtigte Mannheimer Betonwalze macht offenbar selbst vor einem Landschaftsschutzgebiet nicht halt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieser Eingriff in ein angeblich geschütztes Gebiet nicht das Ende, sondern eher der Anfang einer noch viel weiter gehenden Versiegelung und Betonierung in der Au.

Vielen mag das als übertriebenes Horrorszenario erscheinen. Die Geschichte dieses Radwegs und seine Begleitumstände sprechen aber genau dafür. In Mannheim wird viel über Klimawandel, Artenschutz und Ähnliches schwadroniert, für die meisten Politiker reine Lippenbekenntnisse. Noch vor wenigen Jahren schloss die Politik Eingriffe dieser Art in der Au völlig aus. Man hat den Kleingärtnern in der Au fast ehrenwörtlich versprochen, dass sie von der Bundesgartenschau und dem Grünzug nicht betroffen sein werden.

Inzwischen sollen schon 26 Kleingärtner ihre über Jahrzehnte gepflegten Paradiese verlieren. Ein Schildbürgerstreich! Die menschlichen Tragödien, die sich hinter diesen Verlusten abspielen, sind den meisten unserer Volksvertreter völlig egal. Diesen offensichtlichen Wortbruch mit dem geradezu zynischen Argument des Gemeinwohls zu begründen, ist der Gipfel der Heuchelei.

Verlierer dieses Skandals sind neben der Natur aber auch Politiker und Verwaltung. Warum sich in der SPD niemand wagt, gegen diesen absoluten Unsinn aufzustehen, bleibt meines Erachtens ein Geheimnis. Parteiräson allein kann es nicht sein. Zur CDU fällt mir wirklich nichts mehr ein. Sie befindet sich schon seit Jahren in einer Art babylonischer Gefangenschaft der SPD, besser in einer Art Dauerschlaf, und folgt dem Kurs des Oberbürgermeisters bei großen Projekten fast bedingungslos.

Noch schlimmer sieht es bei den Grünen aus. Die Partei, die eigentlich im Kern für den Naturschutz stehen sollte, akzeptiert mehrheitlich mit ihrer Bürgermeisterin an der Spitze den Kurs unseres OBs auch dann, wenn er deutlich erkennbar fundamental gegen die eigenen Grundsätze und Leitmotive verstößt.

Klaus Brückner, Mannheim

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