Es gibt so viel zu tun in dieser Männerwelt

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Zum Artikel „Bankkundin will weiter klagen“ vom 14. März:

Die Bankkundin Frau Krämer erliegt leider einem weit verbreiteten Irrtum. Die Einteilung der deutschen Substantive in drei Klassen – Maskulinum (der), Femininum (die), und Neutrum (das) – bezieht sich nur auf die Wörter und nicht auf das, was sie bezeichnen. Das Genus als grammatisches Geschlecht stimmt mit dem natürlichen Geschlecht (Sexus) als Merkmal von Lebewesen nicht durchgängig überein.

So gibt es im Deutschen maskuline Wörter, die nicht nur männliche, sondern auch weibliche Personen bezeichnen, zum Beispiel der Gast, der Säugling, der Flüchtling, der Filmstar. Es gibt feminine Wörter, die sich auch auf männliche Personen beziehen können, zum Beispiel die Lehrkraft, die Geisel, die Majestät, die Waise.

Ebenso gibt es Neutra, die männliche oder weibliche Personen bezeichnen, zum Beispiel das Mitglied, das Staatsoberhaupt, das Kind. Die Wörter „Kunde“, „Kontoinhaber“ und „Sparer“ haben immer sowohl männliche als auch weibliche Personen bezeichnet, (siehe: Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Das entspricht der grammatischen Regel, wonach Personenbezeichnungen auf -er, wenn sie nicht eindeutig auf männliche Personen bezogen sind, Angehörige beider Geschlechter bezeichnen, wie „das Theater fasst 800 Zuschauer“. Alle diese maskulinen Personenbezeichnungen haben nichts mit dem natürlichen Geschlecht der bezeichneten Personen zu tun.

In Berlin ist „die Atze“ ein Synonym für mein älterer Bruder und „die Keule“ für mein jüngerer Bruder – und über diese weiblichen Bezeichnungen der Wörter hat sich noch keiner der Brüder beschwert. Man sollte es nicht komplizierter machen, als es ist, denn die deutsche Sprache ist schon schwierig genug. So genügt mir zum Beispiel „der Verbraucherschützer“. Ich brauche nicht noch zusätzlich die Verbraucherschützerin, den Verbraucherinnenschützer und die Verbraucherinnenschützerin.

Die Ausgabe dieser Zeitung vom Mittwoch, 14. März, zeigt einmal mehr die großen Diskrepanzen von Gesellschaftsgruppen im heutigen Deutschland. Und hier leider zwischen Staat und Bürgern. Der Kommentar von Herrn Walter Serif greift die abgrundtiefen Äußerungen „unseres“ Gesundheitsministers Jens Spahn bezüglich Hartz IV auf und führt die wesentlichen Aspekte gegen Spahns menschenverachtenden Ansicht auf.

Dies kann ich nur unterstreichen, wenn ich auch gerne noch ein paar Emotionen angeführt hätte. Das wäre aber dann „typisch Frau“ und damit gehe ich gleich über zum Anliegen von Frau Marlies Krämer, die für die (sprachliche) Gleichberechtigung von Männern und Frauen kämpft. Es gibt so viel zu tun in dieser Männerwelt. Dazu lese man (man = sprachwissenschaftlich verankert, das kann ich akzeptieren) den Artikel zur sprachlichen Neutralisierung von Frauen bezogenen Termini, ebenfalls vom 14. März.

Und dabei denke man an die tatsächlichen Lohndiskrepanzen zwischen Frauen und Männern, die gesellschaftliche Abwertung lediger Frauen, die Reduktion von Homosexuellen auf „die Schwulen“, die Benennung arbeitender Frauen als „Rabenmütter“, den Terminus „Schlampe“ für eine Frau, die Spaß am Sex hat, die Reihenfolge der Anredeformen, obwohl „Frau“ alphabetisch vor „Herr“ kommt (man achte zum Beispiel im Internet auf die „Drop-down-Menüs“: hier wird immer erst „Herr“ genannt). Überprüfen Sie selbst den Übertrag auf die Männerbezeichnungen. Es gibt so viel zu tun. Danke, Frau Krämer, Sie sind ein Lichtblick!

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2pGHuR7

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