Ethische Besinnung nötig

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Zum Kommentar „Neubesinnung“ vom 18. April:

Man muss keine Neubesinnung fordern, man könnte zufrieden sein, wenn es denn historische und ethische Besinnungen zu registrieren gäbe. Dem Kommentator ist anzurechnen, dass er sich durch die spontane und in ihrer Höhe bemerkenswerte Spendenbereitschaft anlässlich des Brandes von Notre-Dame Gedanken um den gegenwärtigen Reichtum und seine Verteilung macht. Einige Großspender lösen eben nicht nur Freude, sondern auch Nachdenklichkeit aus. Sicherlich ist es zu begrüßen, wenn auch dieses historische Wahrzeichen wieder restauriert wird.

Zu Lasten des Volkes

Wenn jetzt Literatur und Filme mit dem Hintergrund Notre-Dame einen Nachfrageboom erleben, so sollte man dabei vor allem nicht übersehen oder verdrängen, dass diese Bauten oder Kunstwerke maßgeblich durch und zu Lasten des Volkes geschaffen wurden. Der höhere Klerus hatte sich schon bald, nachdem er Staatsreligion wurde, mit satten Privilegien herausgehoben und lebte selbst in Saus und Braus. An der generellen Ungleichheit der menschlichen Lebensverhältnisse hat sich also offenkundig nicht allzu viel geändert – nur die Nutznießer sind andere geworden.

Was früher den Menschen abgepresst wurde, um derartige Bau- und Kunstwerke erstellen zu können, wird heute sogar durch einen staatlichen Denkmalschutz fortgeführt. Das ist insoweit zwar richtig, da es sich auch um Bekenntnisse zu Kultur und Geschichte handelt, aber dennoch bleibt es zwiespältig.

Der Kölner Dom wird auch aus allgemeinen Steuermitteln mit rund einer Million Euro für Erhaltungskosten jährlich und damit nicht nur von Katholiken finanziert. Entsprechendes gilt für nahezu alle historischen Kirchen, Münster und Dome. Auch wenn dies kein Plädoyer für die Abschaffung des Denkmalschutzes oder ein Aufruf zu Spendenboykott sein soll, so sollte man doch nie die auch schon früher bezahlten „Allgemeinkosten“ vergessen.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2PytGUn