Leserbrief - Zu „Käßmann gegen Söder“ (FN, 3. Mai) „Falsch verstandene Multi-Kulti-Toleranz“

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Ob der Kreuz-Erlass in Bayern mit dem Verhältnis von Staat und Kirche vereinbar ist, sollten eigentlich Verfassungsexperten beurteilen. Doch die Schieflage im Land könnte nicht deutlicher zu Tage treten: Ein Würzburger Pfarrer kritisiert das Aufhängen von Kreuzen, der Münchner Kardinal Marx ebenso und die „Reformationsbotschafterin“ fordert den bayerischen Ministerpräsidenten zum Disput auf.

Während 1995 noch zahlreiche Menschen für einen Verbleib der Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern demonstrierten, kehren sich die Vorzeichen augenscheinlich um. Angesichts dieser ablehnenden Haltung gegen das christliche Symbol frage ich mich, ob sich Kirchenvertreter mittlerweile für das Kreuz schämen oder jenem Zeitgeist verfallen sind, wonach die eigenen Traditionen keine Rolle mehr spielen und nur noch das Fremde hofiert wird? Kardinal Marx spricht von einer Spaltung der Gesellschaft, die Söder verursacht habe. Die eigentliche Spaltung geschieht eher durch eine falsch verstandene Multi-Kulti-Toleranz, unter deren Deckmantel man einfach vergisst, dass unsere freiheitliche Grundordnung das Resultat einer vom Christentum geprägten Geschichte des Abendlands ist. Beim Besuch des Jerusalemer Tempelbergs legten Marx und sein evangelischer Kollege ihr Brustkreuz auch lieber ab. Nun philosophierte Margot Käßmann darüber, wofür das Kreuz stehe. Vielleicht sollte man es einfach den Gläubigen selbst überlassen, welche Bedeutung sie dem Kreuz beimessen oder an all jene denken, denen dieses Symbol in schwierigen Lebenssituationen Trost schenkt.