Fangt an, etwas zu verändern!

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Schüler in ganz Europa protestieren freitags für den Klimaschutz. Die Schwedin Greta Thunberg (im Bild mit Mikrofon) ist zum Gesicht der Bewegung geworden. © dpa

Zum Thema Schülerproteste:

Ich finde es klasse, was Ihr macht! Als Mensch mit Lebenserfahrung hab ich früher auch gestreikt und ja, es hat was gebracht – allerdings habe ich auch mein eigenes Verhalten verändert. Wenn Ihr das auch macht, außer „nur“ zu demonstrieren, mit dem Wunsch „dass die Anderen was ändern, was in Eurem Sinne ist“, dann weiter so.

An die Anderen geht mein Rat, zuerst das eigene Verhalten überprüfen. Bei Euch fällt mir da spontan euer Kaufverhalten in der großen Pause ein. Klar ist Salat in Plastikschüsseln lecker und Kaffee to go „hipp“, aber ist Euch bewusst, was Ihr für eine Macht habt? Wenn Ihr als junge Generation nichts mehr kaufen würdet, was in Plastik eingepackt/eingeschweißt wurde, das wäre eine revolutionäre Sensation! Das wäre mal demonstrieren, wo es auch wehtut – nur noch Brot und Brötchen vom Bäcker, saisonale und regionale Produkte essen, Avocados, Palmöl, Sisal einfach nicht mehr kaufen. Zu Hause den Eltern mal die Frage stellen: Wo kommt das Essen denn her – wie wurde denn das Tier gehalten, wenn das Kilogramm Fleisch nur 1,99 Euro kostet?

Verzicht üben

Oder stellt Euch mal die Frage, unter welchen Bedingungen Eure Smartphones produziert und dann entsorgt werden. Hier schuften Kinder im Bergbau und dann auf Müllhalden. Sie verätzen sich die Lungen. Die würden lieber zur Schule gehen, anstatt die seltenen Erden für die Akkus abbauen zu müssen. Schaut Euch in Eurer ganz kleinen Zelle um bei euch zu Hause – Putzmittelcheck, Waschpulvercheck, brauchen wir wirklich für jeden Fleck ein eigenes Pülverchen und Düftchen?

Ihr habt mehr Macht als nur „freitags nicht zur Schule zu gehen“. Räumt in Eurem Umfeld auf, kauft nur noch Kleidung, die ihr benötigt, achtet auf Qualität auch bei der Produktion. Legt Euch mit Euren Eltern für Eure Mitwelt für Eure Zukunft an – wir haben das auch gemacht, sonst gäbe es keine Meinungsfreiheit, keine Gleichberechtigung, keine Regenbogenwelt und und und. Der Weg wird hart und lang und Ihr werdet Verzicht üben müssen. Fangt an, bin mal gespannt, was Ihr verändern werdet. (Marion Daniela Schott-Schneider, Schwetzingen)

Na endlich wachen sie auf, die jungen Menschen. Schuleschwänzen, um das Klima zu retten – und das ist nur der Anfang. Gut so, und es wird weitergehen. No Elterntaxi for Future. Nein Mutti und Vati, zum Sport und Musikunterricht nehme ich das Fahrrad. No Winterurlaub for Future. Snowboardverzicht für das Klima. No Malle for Future, die Fliegerei hat ein Ende. Ich sehe schon, wie die vielen begeisterten Jugendlichen samstags die Abfälle der Fastfoodverpackungen aufsammeln, welche die Dieselfahrer entsorgt haben. Saubere Umwelt, um die Meere zu retten. Mit dem Fahrradanhänger wird zur Müllverbrennung gefahren.

No Computer for Future. Der Strom dafür wird eingespart, dafür werden Blumen gepflanzt und gepflegt. Ja und im nächsten Winter, kalt wird der ehedem nicht mehr sonderlich, wird die Heizung heruntergefahren. Wollsocken for Future. Durch die viele Beschäftigung kann auf das Smartphone verzichtet werden, denn anders als im Elternauto kann auf dem Rad nicht telefoniert werden. Hoffentlich gelingt es uns, den Rest der Welt auch noch zu überzeugen, dann kühlt das Klima ab und die Gemüter auch. (Jürgen Schmitt, Mannheim)

Da musste eine Lucia aus dem hohen Norden kommen, um unsere deutschen Schüler zu erleuchten und sie auf den Holzweg eines sogenannten Streiks zu leiten. Und wie reagieren die hiesigen Schulen und übergeordneten Schulverwaltungen darauf? Hinhaftend, wachsweich, zum Teil gar nicht. So verdirbt man nachhaltig das Vertrauen in den Rechtsstaat, wenn die einschlägigen Schulbesuchregelungen einfach missachtet und in den Wind of Change geschlagen werden.

Die schöne neue Schulwelt sieht dann so aus: Freitag ist Streiktag, am Montag nach dem Wochenende sollen keine Tests, Klausuren oder Klassenarbeiten angesetzt werden, bleiben noch Dienstag bis Donnerstag, um die vorgeschriebenen Leistungsüberprüfungen durchzuführen, aber auch nicht zwei am gleichen Tag. Da werden die Eltern bald Sturm laufen, weil sich die Arbeiten in fast jeder Woche in der Wochenmitte dramatisch häufen. Aber weil man gerade dabei ist, könnte man vielleicht dagegen auch noch am Montag streiken – etwas findet sich immer –, um das von einigen Professoren abgeguckte Muster des DiMiDo-Schülers zu kreieren und dazu Leistungsüberprüfungen gleich ganz abzuschaffen.

Es ist gut, wenn die jungen Leute heute ihre Stimme erheben und die Sorge um unseren Planeten A, die Erde, ist ein lebenswichtiges Thema. Dafür lohnt es sich zu streiten und hier und da auch auf die Straße zu gehen, aber dann am schulfreien Samstag, denn zunächst sind die Verpflichtungen des Schulbesuchs zu erfüllen. Eltern nehmen sich selbst jedes Recht, die Zahl der Stundenausfälle zu kritisieren und verlieren gegenüber ihren Kindern jede Glaubwürdigkeit, wenn sie für die fortlaufenden Freitagsdemonstrationen fragwürdige Entschuldigungen geben oder Atteste ausstellen lassen.

Dies gilt gleichermaßen für die bereits volljährigen Schüler, wenn sie selbst ihre Abwesenheit vom Unterricht dokumentieren müssen. Den freien Samstag zum Demonstrieren für eine gute Sache zu opfern, wäre eine überzeugende Entscheidung, dass es den jungen Menschen wirklich ernst ist mit ihrem Protest. Der sogenannte Schulstreik am Freitag aber bleibt ein bloßes Happening mit Schulschwänzen, das in jeder Hinsicht mehr schadet als nützt und das das Licht der nordischen Lucia in ein eher trübes Grau taucht. (Bernd K. Haber, Schriesheim)

Das gelegentliche „Schule schwänzen“ unserer Kinder und Enkel regt einige Gemüter auf (gesetzliche Schulpflicht und so weiter). Na ja, wir haben es uns halt bequem gemacht in unseren Konsum- und Spaßgesellschaften der Industrienationen.

Zu den Fehlentwicklungen und Kollateralschäden unserer Zeit (wie Klimawandel, Naturzerstörung auf Kosten kommender Generationen und so weiter) hier ein passendes Zitat von Bertold Brecht (Exil III), das meiner Meinung nach das Thema zusammenfassend auf den Punkt bringt: „Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen. /Und schrien sich zu ihre Erfahrungen/ Wie man schneller sägen konnte, und fuhren / Mit Krachen in die Tiefe und die ihnen zusahen/ Schüttelten die Köpfe beim Sägen und sägten weiter.“

Und da wundern wir uns über Kinder(!)-Protest und Schulstreik? Was ist deren ganzes Wissen denn dann noch wert? (Gerhard H. Berger, Heidelberg)