Kurz gießt mit Polemik Öl ins Feuer

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Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (links: Bürgermeister Christian Specht) bei einer Sitzung des Gemeinderats im Dezember. Leser dieser Zeitung kritisieren, dass der Politiker mit einem Brandbrief an Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet habe. © Blüthner

Zum Artikel „Innenminister Strobl: ,Kurz duckt sich weg’“ vom 23. Dezember:

Der Innenminister Thomas Strobl hat recht. OB Peter Kurz duckt sich weg. In meinen Augen gießt Kurz mit billiger Polemik Öl ins Feuer und bedient dadurch Vorurteile gegen alle Flüchtlinge, anstatt für ein vorhandenes Problem, Lösungen zu suchen und anzubieten. Für mich ist es ein Armutszeugnis erster Güte, dass die zweitgrößte Stadt in unserem Bundesland mit ihren Institutionen in der Jugendhilfe in Zusammenarbeit mit der Polizei und Justiz nicht mit zehn oder 15 Jugendlichen fertig werden soll.

Statt mit seinem Brandbrief die politische Stimmung gegen Flüchtlinge zu schüren, wäre es meines Erachtens sinnvoller gewesen, sich mit den anderen Stadtkreisen in Verbindung zu setzen, um zu fragen, wie diese dieselben Probleme mit ihren unbegleiteten Jugendlichen lösen, vor denen Mannheim offensichtlich schon kapituliert hat. In diesem Sinne sollte auch der Redakteur des „MM“ erkennen, dass die „billige Masche“ des Populismus von der Polemik des OB Herrn Kurz (SPD) ausging. Deshalb ist es wichtig, dass er nicht Ursache und Wirkung verwechselt, indem er Innenminister Thomas Strobl (CDU) fälschlicherweise den „schwarzen Peter“ zuschiebt, wie das Stefan Proetel in seinem Kommentar getan hat. (Hartmut Müller, Ladenburg)

In der Politik bewerben sich Kandidaten verschiedener Parteien um öffentliche Ämter, um die Zukunft des Gemeinwesens in ihrem Sinne zu gestalten. Grundlegend dafür ist das politische Vertrauen der Bürger in die Personen und in ihre Handlungsfähigkeit. Schwindet dies, wenden sie sich eventuell anderen Parteien zu oder bleiben bei der Wahl gleich zu Hause. Die SPD wurde so im Norden Mannheims von der AfD abgestraft und auch die Grünen kamen in bestimmten Stadtvierteln unter die Räder. Beides absolut demokratische Prozesse.

Natürlich gibt es in Mannheim eine Vielzahl von Themen und öffentlichen Problemen. Aber in der Bürgerschaft ist das Thema Migration weit oben angesiedelt. Dies wurde im Bürgerbarometer des „MM“ ja auch kürzlich wieder festgestellt. Der Streit um die Problem-Umas (Unbegleitete minderjährige Ausländer) zwischen dem Oberbürgermeister, der der Landesregierung immerhin „Staatsversagen“ vorwirft und die Umas einfach wegsperren will, und Minister Strobl, der das Thema mit der Feststellung des Alters für erledigt hält, ist ja ausreichend dokumentiert. In der Politikwissenschaft gibt es für dieses Ping-Pong-Spiel den Fachbegriff der „Schuldvermeidung“.

Weitgehend unbeachtet bleibt eine viel spannendere, grundsätzliche Frage: Warum sind die Umas aus Marokko überhaupt da? Der erste Fehler besteht darin, die Frage als solche als rechtspopulistisch zu disqualifizieren oder prinzipiell zu behaupten, jeder „Weltbürger“ könne vollkommen regellos in Deutschland einreisen und sich dort unbegrenzt aufhalten. Also ganz klassisch, juristisch-politisch: Was ist die Rechtsgrundlage? Das internationale Asylrecht? Der Jugendschutz? Rutscht das im gesellschaftlichen Leben einfach so durch? Welche Möglichkeiten sieht das Jugendrecht bei mehrmaligen Straftaten von jugendlichen Asylbewerbern vor? Wurden sie in Mannheim angewendet? Ist Marokko wirklich kein sicherer Drittstaat? Was kostet das den Steuerbürger?

All diese Fragen sind vollkommen legitim und wer sie nicht zulassen will, handelt unlauter. Daraus folgt abschließend, dass „die Politik“ – vom Stadtrat bis zur Bundeskanzlerin – dazu öffentlich Stellung nehmen muss und uns als Bürger erklären muss, wie dieser Prozess steuerbar ist, und wie er gesteuert werden soll. Es kann ja durchaus sein, dass wir dann für die Aufnahme von unbegleiteten jugendlichen Asylbewerbern aus Marokko sind. Es kann aber auch sein, dass wir zum Beispiel die österreichische Asylpolitik für vernünftiger halten.

Wie dem auch sei, der Ball ist dann wieder im Feld der Politik und Verwaltung. Erschreckend ist jedenfalls der offensichtliche Zustand der Hilflosigkeit der öffentlichen Verwaltung („Kann man halt nichts machen“). Das Vertrauen ist erst mal dahin. Das ist dann wieder ein Thema der Kandidaten der Parteien, die mit umsetzbaren Vorschlägen aufwarten müssen. Das hohe Ross ist da kein guter Ratgeber. (Ralf Kissel, Ludwigshafen)

Will unser Innenminister Thomas Strobl einen weiteren Rechtsruck in Baden-Württemberg riskieren oder hat sein polemisches Verhalten andere Gründe? Weiterhin ist mir auch unverständlich, dass ein Politiker wie Nikolas Löbel auf diesen Zug mit aufspringt. In erster Linie geht es doch zunächst einmal um ein friedliches Miteinander aller Bürger in Mannheim.

Fühlt man sich nicht mehr sicher in seiner Heimatstadt und wird von den Leuten, die man gewählt hat nicht verstanden und somit auch im Stich gelassen, kann das schnell in Hilflosigkeit und daraus in Hass umschlagen. Man sollte Bürgernähe auch leben. Meines Erachtens genügt hier nicht, eine Grillparty während einer Wahlperiode zu veranstalten, oder mal kurz von der Landeshauptstadt zu einem Event mit besonderen Gästen nach Mannheim zu kommen.

Ich würde deshalb zum besseren Verständnis der besonderen Situation Mannheims im Zusammenhang mit ein paar wenigen minderjährigen Flüchtlingen vorschlagen, den Herren Thomas Strobl und Nikolas Löbel eine Tageskarte für den öffentlichen Nahverkehr in Mannheim zu schenken.

Nach der Fahrt sollten sie weiter mit einem Fahrrad inklusive Einkaufskorb fahren, um dann zuletzt noch ein kurzes Stück mit dem Rollator zu gehen. Handtasche und Einkaufskorb sollten mitgeführt werden. Oder muss noch länger hin- und hergeschrieben und in der Zwischenzeit weiter das Thema allein der örtlichen Polizei und den verängstigten Bürgern überlassen werden? (Rosemarie Pudek, Wilhelmsfeld)

Da sagt ein Politiker einmal die Wahrheit und schon wird er von allen Seiten zerrissen. Herr Strobl hat vollkommen recht mit der Kritik an Bürgermeister Kurz. Dieser sieht sich immer nur gerne im Rampenlicht, aber was hat er für die Bürger in Mannheim denn gemacht? Die Breite Straße ist tot, nur noch Ramschläden. Keiner möchte da mehr durchbummeln. Mit der Neckarstadt das gleiche. Die Mittelstraße war eine beliebte und belebte Einkaufsstraße mit vielen Geschäften aller Art. Sie ist menschenleer und überflutet mit Migranten.

Da redet er nicht davon, aber seine Straba-Nord, die keiner wollte, hat er durchgeboxt, die Bundesgartenschau, die die Hälfte der Bürger nicht will, wird er auch durchbringen und dabei die Stadt immer mehr verschulden. (Christian Banghard, Mannheim)

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2E48hw0 

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