Leser dieser Zeitung befürworten die Nahverkehrsförderung

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Stau auf dem Friedrichsring zwischen Wasserturm und Kurpfalzbrücke: Was auf dem Archivbild zu sehen ist, erleben Pendler sehr häufig in Mannheim. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel könnte die Situation deutlich entschärfen. © Tröster

Zum Artikel „Einhelliges Lob für Nahverkehrs-Förderung“ vom 22. August:

In Ihrem Artikel berichten Sie über die Reaktionen der Parteien zur Nahverkehrsförderung Mannheims durch den Bund. Auch ich denke, dass über eine entsprechende Förderung des öffentlichen Nahverkehrs eine Luftverbesserung in der Innenstadt entstehen kann. Nur mit funktionierendem öffentlichen Nahverkehr besteht für viele Bürger die Option, auf das eigene Auto zu verzichten. Dies würde zu einer Verkehrsentlastung führen, die unsere Straßen dringend nötig haben. Eine reine Ermäßigung des Innenstadt-tarifes wird hier allerdings nicht viel helfen.

1. Bei Wohnlage im Quadratebereich lassen sich die meisten Besorgungen sowieso besser zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen. Somit wird hier für die kürzesten Besorgungen bereits heute kein Auto benutzt.

2. Ein Großteil des Pkw-Verkehrs im Innenstadtbereich kommt aus den umliegenden Stadtteilen sowie aus dem Umland Mannheims. Um demnach eine sinnvolle und wirksame Reduzierung zu erreichen, dürfte sich diese Ermäßigung nicht nur auf den Innenstadtbereich beschränken.

3. Ein weiterer großer Teil kommt aus Taxifahrten, welche bei besserem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Regel in diesem Bereich der Innenstadt geringer würden.

4. Der letzte Teil betrifft den Lieferverkehr, der sich nicht wirklich sinnvoll reduzieren lässt, sofern die Einkaufsmöglichkeiten bestehen bleiben sollen.

Aus den vier genannten Punkten wird erkennbar, dass eine ÖPNV-Vergünstigung durchaus zu befürworten ist. Allerdings sollte sich diese Vergünstigung nicht nur wie derzeit geplant auf die Innenstadt beschränken, sondern die Metropolregion umfassen. Wenn nicht machbar für die Metropolregion, so wären zumindest an den Stadteingängen große Park&Ride-Flächen mit entsprechender ÖPNV-Anbindung erforderlich, um eine spürbare Reduzierung des Kraftfahrzeug-Verkehrs in der Innenstadt zu erreichen.

Zusätzliche Belastung

Allerdings ist zur Sicherung dieser Verkehrs- und Stickoxidreduzierungen, wie von CDU und Grünen zurecht gefordert, sowie zur Erhöhung der Akzeptanz und Bestandhaftigkeit eine entsprechende Fortführung der Maßnahmen über 2020 hinaus erforderlich. Ein gar kostenloses Angebot von Bus und Bahn in den Quadraten alleine hingegen würde voraussichtlich nicht nur am Ziel vorbeiführen, sondern den Zielen auch noch entgegenwirken.

Zum Ausgleich des kostenlosen „Quadrate“-Angebotes mit geringer Wirkung müssten zur Tragfähigkeit des ÖPNV die Gebühren für die Außenbereiche so erhöht werden, dass eher noch mehr Einwohner vom ÖPNV auf das Auto umsteigen würden. Dies würde dann zu keiner Entlastung, sondern zu einer zusätzlichen Belastung im Innenstadtbereich führen. Aus diesen Gründen wäre auch das kostenlose Angebot von Bus und Bahn alleine in den Quadraten, wie von der SPD gefordert, vollkommen am Ziel vorbei geplant.

Ich möchte nochmals zu bedenken geben, dass bei der Bewertung und eventuell stattfindenden Weiterentwicklung des Modellversuchs insbesondere das Ziel der Verkehrs- und Stickoxidreduzierung im Fokus bleiben sollte. Nur bei einer ganzheitlichen Betrachtung der Verkehrsströme und Abfahrtsorte der Kraftfahrzeuge wird eine Verbesserung erreichbar sein. (Lars Puschmann, Mannheim)

Es ist eng geworden in Seckenheims Wohngebieten. Seit Juli fahren dort tausende RNV-Busse im Monat. Als Bewohner der Meßkircher Straße bin ich täglich mehrfach mit Fahrrad und Kinderanhänger unterwegs – eine Anschaffung, um möglichst viel ohne Auto in Seckenheim erledigen zu können. Doch die Rechnung hatte ich ohne die mitten in mein Wohngebiet verlegte Buslinie 43 gemacht.

Beidseitig parkende Autos machen ein Überholen mit ausreichend Sicherheitsabstand unmöglich. Interessant wird es, wenn sich ein viele Tonnen schwerer Bus hinter einem auftürmt und auf Durchfahrt drängt. Gerne durch dichtes Auffahren und je nach Laune des Fahrers mit Nachdruck durch Hupen – im Anhänger mein Baby mit zehn Monaten.

Die Fahrt unterbrechen durch Anhalten in einer der wenigen freien Parkplätze und den Bus dröhnend vorbeiziehen lassen? Möglich, aber anschließend darf man seine Fahrt in der Dieselabgaswolke des Busses fortsetzen, die sich in der engen Häuserschlucht kaum verteilt und laut „plusminus“ (ARD) ungefiltert Stickoxide enthält. Dann doch lieber mit pochendem Herz bis ans Ende der Straße durchziehen! Wie es wohl weniger erfahrenen Radlern ergeht? Einige habe ich schon anhalten und absteigen sehen in Anbetracht der Enge und Übermacht eines 19-Tonnen-Busses.

Wenn ich an (Schul-)Kinder denke, wird es mir ganz mulmig. Vermutlich solle ich doch lieber das Rad stehenlassen und auf ÖPNV umsteigen. Das wäre sicherer und gesünder – auch ein Weg, die Fahrgastzahlen zu erhöhen. Die finanziellen Möglichkeiten, die durch Förderung als Modellstadt zur Verfügung stehen, lassen Böses befürchten. Macht dieses Konzept Schule, dürften sich bald auch andere Wohngebiete über mehr Verkehr und Belastung durch RNV-Dieselbusse freuen. (Ralf Kittel, Mannheim)

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2Nzjklu