Lesermeinung Leser über Ärzte aus Kuba

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Eine Gruppe kubanischer Ärzte geht in einem Krankenhaus in Havanna neben einem Wandgemälde mit den Bildern der ehemaligen Präsidenten Fidel Castro (r.) und Hugo Chávez (Venezuela) vorbei. Kubas Ärzte und Pfleger sind auch in Italien im Kampf gegen Corona im Einsatz. © dpa

Zum Artikel „Kuba leiht Ärzte aus – gegen Devisen“ vom 23. März:

Der obige Artikel atmet den Geist des Kalten Krieges: Sie projizieren überholte Feindbilder, ohne Ahnung vom Thema zu haben. Kuba wurde während des Kalten Krieges boykottiert und stand seit dem Untergang der Sowjetunion zunächst recht alleine da. So hat Kuba aus der Not eine Tugend gemacht und eine breit angelegte Präventivmedizin entwickelt, die besonders der ärmeren Bevölkerung zugutekommt und schon erfolgreich in armen Ländern Südamerikas und Afrikas eingesetzt wurden, dort, wo man sich teure Apparatemedizin und spezifische Pharmazeutika nicht leisten kann.

Hilfe für reiches Norditalien

Das kubanische Pharmakon „Rekombinantes Interferon alfa 2b (IFNrec)“ ist eines von 30 ausgewählten Breitband-Medikamenten, mit dem bereits das Coronavirus in China bekämpft wurde. Es ist ein Medikament, das Spezialisten zufolge bisher schon erfolgreich bei der Behandlung von Virusinfektionen wie HIV/AIDS, rezidivierenden respiratorischen Papillomatosen, einem Atemwegstumor, sowie Hepatitis B und C eingesetzt wurde.

1986 wurde dieses Medikament von kubanischen Forschern des Zentrums für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) in Havanna/Kuba entwickelt und hat seit seiner Einführung vor mehr als 30 Jahren Tausenden Patienten geholfen. Es verhindert die Vervielfältigung des Virus in den Zellen, was auch bei der Behandlung von unterschiedlichen Krebsarten Erfolge erzielt. Durch einen Technologietransfer im Jahr 2003 vom CIGB nach China wurde das chinesisch-kubanische Joint Venture Changheber in der Stadt Changchung gegründet und ein Jahrzehnt später eine moderne Produktionsstätte eingeweiht.

Dort werden biotechnologische Produkte entwickelt und produziert, so auch das gegen das Coronavirus verwendbare Medikament IFNrec. Dass ausgerechnet das reiche und politisch sehr rechte Norditalien jetzt diese Art kubanisch-chinesische Hilfe braucht und erhält, ist Ironie des Schicksals, gepaart mit egoistischem EU-Versagen und mit Ihrer sehr beschränkten Sichtweise. Brigitte Müller, Berlin

Man muss sich wirklich fragen, welcher Teufel den Korrespondenten Tobias Käufer geritten hat, in dieser katastrophalen Situation in Italien, wo täglich Hunderte von Menschen sterben, die Hilfe des sozialistischen Kuba in solch infamer Weise zu diskreditieren. Es würde mich sehr interessieren, was wohl die Menschen in Italien zu diesem Machwerk sagen würden!

Ich kann nichts Unanständiges darin sehen, dass der Einsatz der kubanischen Ärzte vergütet wird; das ist doch völlig normal! Eigentlich müsste es die Aufgabe der EU und der USA sein, Italien, ihrem Bündnispartner, beizustehen, aber die EU hat Italien schon längst verlassen und in den USA gilt „USA first“! Ein Grund für die katastrophale Lage in Italien ist die in der Finanzkrise von der EU und insbesondere von Deutschland dem Land aufgezwungene Sparpolitik, die unter anderem zur Schließung von Krankenhäusern führte, die heute dringend gebraucht würden.

Völkerrechtswidriger Boykott

Ich kann auch nichts Unanständiges darin sehen, dass Kuba nur einen Teil der Einnahmen an die Ärzte ausbezahlt, schließlich wurden diese vom kubanischen Staat, also aus Steuermitteln, ausgebildet. Es ist auch völlig in Ordnung, dass Kuba sich dagegen wehrt, dass die USA im Ausland tätige kubanische Ärzte mit viel Geld abwerben und ihnen die sofortige Einreise in die USA anbieten – trotz des Mauerbaus gegen Einwanderer. Mehr als ärgerlich wird es, wenn Herr Käufer sich auf „die“ von den USA finanzierte „Opposition“ beruft, die beklage, dass Kuba die Versorgung der eigenen Bevölkerung „opfere“. Hier helfen nur Fakten: Die Säuglingssterblichkeit auf Kuba ist geringer als in den USA.

Für Herrn Käufer, der in seinem Text angibt, aus „Havanna/Moskau/Rom“ zu berichten, obwohl er laut Internet in Bogota und Rio stationiert ist, wäre es doch viel nahe liegender gewesen, uns vom Zusammenbruch des Gesundheitswesens für die armen Menschen in Bolivien und Brasilien zu berichten, nachdem die dortigen faschistischen Machthaber die kubanischen Ärzte aus diesen Ländern wiesen. Oder von dem Wüten der Todesschwadronen in Kolumbien gegen „die Opposition“.

Eine andere falsche Behauptung ist, dass die Blockade der Insel durch die USA und Europa etwas mit der „Repression der Opposition“ zu tun habe. Diese Blockade gibt es seitens der USA seit Anfang der 1960er Jahre – natürlich nicht wegen der Repression gegenüber der Opposition, sondern weil Kuba US-Besitz auf der Insel verstaatlichte, unter anderem auch Mafia-Besitz wie das Hotel „Nacional“. Ein Korrespondent müsste das eigentlich wissen.

Dieser völkerrechtswidrige Boykott, der auf Kuba schon für Zehntausende Tote gesorgt hat, wird übrigens Jahr für Jahr von der UN-Generalversammlung von rund 190 Staaten verurteilt; auf der Seite der USA stehen Israel und die Marshallinseln! In einer dieser UN-Debatten sagte der kubanische Außenminister: „Die USA schicken Soldaten zum Töten in die Welt – Kuba Ärzte zum Helfen und Heilen!“ Da bin ich lieber auf der Seite Kubas! Günter Pfisterer, Hockenheim

Info: Originalartikel unter https://bit.ly/2xEtBcS