Mietspiegel für Mieter gemacht

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Blick auf Centro Verde in Mannheim. Dass an dieser begehrten Stelle in der Stadt der Mietspiegel berücksichtigt wird, stört den Eigentümerverband „Haus und Grund“. Er will eine Erhöhung der Grundmiete um 70 Cent pro Quadratmeter. © Zinke

Zum Artikel „Klage gegen Mannheimer Mietspiegel“ vom 4. April:

War ein Mieter der Ansicht, dass er im Vergleich zu anderen Mietern zuviel Miete zahlt, musste er das nachweisen. Das war den Mietern aus praktischen und rechtlichen Gründen nicht möglich. Er hätte eine aussagekräftige Statistik erstellen müssen. Grundlage für die Erstellung einer solchen Statistik wäre die Beurteilung und in Inaugenscheinnahme von benachbarten Wohnungen gewesen. Dieses Ansinnen kollidiert jedoch mit dem Recht auf Privatsphäre und der Unverletzlichkeit der Wohnung. Deshalb erstellen einige Kommunen Mietspiegel, welche eine Übersicht der ortsüblichen Mieten geben.

Die dort aufgeführten Wohnungen werden nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit, energetische Ausstattung, Lage und so weiter klassifiziert. Im Mietspiegel stehen die Miethöhen von Wohnungen, die miteinander vergleichbar sind. Die Ermittlung der für die Wohnungen erhobenen Mieten erfolgt nach wissenschaftlichen Grundsätzen, die von den Interessenverbänden der Vermieter und Mieter anerkannt wurden.

Für die Mieten von Neubauten und modernisiertem Altbau gilt der Mietspiegel nicht. Hier kann der Vermieter „in Eigenverantwortung“ den Mietpreis selbst bestimmen. Da der Mietspiegel aber ein möglichst realistisches Abbild der tatsächlich genommenen Mieten darstellen will, werden auch diese Mieten mit in den Mietspiegel aufgenommen. Dadurch steigt der „durchschnittliche“ Mietpreis. Nach dem letzten Mietspiegel (2016) waren die Mieten im Schnitt um rund sieben Prozent gestiegen. Kaum war der Mietspiegel heraus, erhöhten die ersten Vermieter ihre Grundmiete um genau diese sieben Prozent. Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften handhaben es genauso.

Die Vermieter sehen sich nach dem neuen Mietspiegel nicht nur berechtigt, ihre Mieten zu erhöhen, sie tun so, als sei es geradezu ihre Pflicht, die Mieten an den neuen Mietspiegel anzupassen. Die Mieten der Vermieter von modernisiertem Altbau und Neubau sollten aber noch aus einem anderen Grund nicht in den Mietspiegel mit einfließen. Den Wohnungsbaugesellschaften und Modernisierern von Altbauten geht es um den Status der Neuvermietung, denn nach diesem können sie selbst entscheiden, was sie an Miete haben wollen. Das geht so weit, dass Mietshäuser gekauft werden, um sie zu entmieten, abzureißen und um an gleicher Stelle ein neues Haus zu errichten, weil man sich so der alten Mietverträge entledigen kann. Dass dabei die bisherigen Mieter aus ihren Wohnungen vertrieben werden müssen, wird in Kauf genommen.

Leider ist das nicht alles. Höhere Mieten gelten als Indiz dafür, dass es sich um eine attraktive Wohngegend handelt, wodurch der Stadtteil aufsteigt hinsichtlich der „Lage“. So zieht das Etikett „Besonders begehrte Wohnlage“ eine höhere Einstufung im Mietspiegel nach sich, womit den Vermietern einmal mehr ein Argument für höhere Mieten an die Hand gegeben ist. Die Mietinitiativen fordern seit langem die Überarbeitung des Mietspiegels, was jetzt auch der Verein „Haus und Grund“ verlangt. Dem allerdings sind die im Mietspiegel angegebenen Mieten zu niedrig. Um 70 Cent pro Quadratmeter sei die Grundmiete zu niedrig. Bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung wären das jährlich über 500 Euro mehr Mieteinnahme. Der Mietspiegel habe nach den Vorstellungen des Vereins „Haus und Grund“ eine durchaus befriedende Wirkung.

Allein diese Aussage zeigt, dass sich der Mietspiegel in seiner Intention gewandelt hat. Ursprünglich sollte der Mietspiegel Mieter vor überzogene Mieten bewahren. Jetzt benutzen Vermieter den Mietspiegel, um gegen Vermieter vorzugehen, die „zu geringe Mieten“ verlangen, und sei es die GmbH GBG, die sich nun wirklich nicht befleißigt, die Mieten zu senken.

Die vergleichsweise niedrigen Mieten der GBG haben sich aus der Übernahme der Wohnungen des einst „sozialen Wohnungsbaus“ ergeben. Die GBG erhöht nicht einfach die Mieten um 20 Prozent wie Vermieter, die ein Mietshaus verkaufen oder kaufen. Es wäre rechtlich zwar möglich, sozialpolitisch gesehen aber nicht ratsam. Die Wohnungen der GmbH GBG jetzt dafür verantwortlich zu machen, dass es zu einer verzerrten Darstellung im Mietspiegel kommt, geht davon aus, dass der Mietspiegel für Vermieter genauso gemacht wurde wie für Mieter. Das ist der Trugschluss, dem der Verein von „Haus und Grund“ aufsitzt.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2HadN4L 

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