Resistent gegen die Geschichte

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Die Interessensgemeinschaft Heimatforschung Rheinland-Pfalz entdeckte 2016 auf einem Feld bei Limburgerhof die Absturzstelle eines englischen Bombers, der im Zweiten Weltkrieg von einem deutschen Nachtjäger bei der Bombardierung von Mannheim abgeschossen wurde. Am 5. August wurde nun im Beisein von Angehörigen der Besatzungsmitglieder einen Gedenkstein enthüll, Pastoralreferentin Doris Heiner segnet den Stein.

© Venus

Zum Artikel "Das ist ein großer Tag für mich" vom 8. August:

In Ihrer Zeitung fand ich den Satz: "Die Sieger schreiben die Geschichte." Wie wahr, wie wahr. Zitat: "Gedanken schießen einem englischen Major durch den Kopf, das geht vielen anderen Menschen so, wenn sie an Krieg erinnert werden." Um von Anfang an klarzustellen, jedem Toten gehört ein Grab, den Gefallenen allemal, aber auf der einen wie der anderen Seite.

Dass Angehörige den Gefallenen gedenken möchten, ist normal. Nur wie umerzogen im Sinne der Sieger oder geschichtsresistent muss man sein, Bomberbesatzungen einen Gedenkstein zu stellen, die gerade kurze Zeit vor ihrem Absturz in Ludwigshafen dazu beigetragen haben, dass 128 Menschen ihr Leben lassen mussten. Neben den 67 Männern unter den Toten waren 61 Frauen und Kinder. Gibt es für diese einen Gedenkstein? Ich glaube nicht. Dem Bürgermeister kann man nur empfehlen, sich bei der Stadt Ludwigshafen zu informieren, bevor für so etwas Geld ausgegeben wird. (Klaus Günnewig, Mannheim)

Für mich war es kein großer Tag, als ich im Artikel "Das ist ein großer Tag für mich" las, dass für die Opfer, das heißt die Besatzung, eines am 5./6. September 1943 abgeschossenen Bombers der Royal Airforce (RAF), in Limburgerhof ein Gedenkstein feierlich eingeweiht wurde. In jener Nacht vom 5./6. September 1943 haben wir Hab und Gut und einen lieben Bekannten verloren, als besonders der Lindenhof fast zu 90 Prozent in Schutt und Asche gelegt wurde.

Zum Glück hatten wir im Hochbunker in der Meerfeldstraße Zuflucht finden können. Fast 24 Stunden mussten wir nach dem Angriff im Bunker verbringen, um danach durch den brennenden Lindenhof, an Toten und Trümmern vorbei, in das Umland zu kommen, ein Ereignis, das auch heute noch zuweilen mich mit Alpträumen heimsucht.

Ich gehe davon aus, dass in Limburgerhof in jener Nacht durch diesen Angriff kein Toter zu beklagen war und kein Haus beschädigt wurde, wo Freiwillige der RAF bewusst nicht gegen militärische Ziele, sondern auf zivile Wohngebiete ihre Bomben warfen und damit vor allem Frauen und Kinder töteten, deren Häuser und Besitztum sowie unersetzbare historische Gebäude mit wertvollem Inhalt zerstörten.

Feiger Nachtangriff

Wenn Limburgerhof an der Absturzstelle ein Gedenkstein als Erinnerung an diese schreckliche Nacht gesetzt hätte, um auf sich aufmerksam zu machen, wäre dies eine gute Idee gewesen. Für mich ist es ein Hohn, wenn bei der Einweihungsfeier des Steines von Anerkennung der Opfer, das heißt der beim Absturz umgekommenen Besatzung, gesprochen wird und die Bundeswehr dabei noch Spalier bildet. Bei einem Kampf Mann gegen Mann kann man beim gefallenen Gegner von einer Anerkennung sprechen, aber nicht bei einem feigen Nachtangriff auf Frauen und Kinder.

In Mannheim sind bei den Luftangriffen der Alliierten 1570 Menschen umgekommen, wer hat diese Opfer anerkannt? Zugleich bin ich empört, dass der "MM" einem solchen Ereignis fast eine ganze Seite widmet, drei Zeilen hätten genügt, etwas mehr Verständnis und Mitgefühl für die Überlebenden dieser Angriffe hätte ich erwartet. (Werner Leger, Mannheim)