Risse in tragenden Teilen der Gesellschaft

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Zum Kommentar "Kratzer im Lack" vom 2. September:

Im Grundsatz stimme ich Herrn Mulke zu, würde aber meinen, das sind keine Kratzer im Lack, das sind Risse in den tragenden Teilen der Gesellschaft, die sich seit langem auftun. Schon nach der Kohl'schen "Wende" und im Sozialumbau der Kanzlerschaft Schröders zeigte sich dies.

In einem waren sich die Umbauer damals einig: in der Unterstellung einer kollektiven Faulheit und Ausnutzermentalität des Sozialstaates. Wer 45 oder älter war und nach Rationalisierungsmaßnahmen keine Arbeit fand, mit der er seinen Lebensstandard halten, seine Familie, sein Haus oder seine Wohnung unterhalten konnte, galt als potenziell faul. Die Reallöhne sinken seit dieser Zeit. Aber die Abgaben gingen rauf.

Staat greift Bürgern in die Tasche

Die Sozialabgaben für Arbeitnehmer stiegen de facto, während sie für die Unternehmer eingefroren wurden. Private Vorsorge wurde angemahnt, gleichzeitig wurden die Versicherungen besteuert, Renten besteuert, die Versicherungssteuer auf 19 Prozent angehoben. Der Staat greift seinen Bürgern ungeniert in die Tasche - da besteht ein Allparteienkonsens, der von den Steuern über die Gebühren und Abgaben bis hin zu immer mehr Strafzetteln reicht.

Herr Mulke bedauert, dass Fachleute noch keine Lösung gefunden hätten. Dazu bedarf es zuerst einmal keiner Fachleute, dazu braucht es den Willen der Politik zu einer bürgerfreundlichen Entscheidung, zu deren Umsetzung dann Fachleute beizutragen haben.

Mehr Steuern auf das Kapital

Die Felder dafür stehen schon lange fest. Außer der Erhöhung der Reallöhne - weniger für die Aktionäre, mehr für die, die die Renditen erarbeiten - bleiben noch: eine Steuerreform, die den Namen verdient hat.

Das heißt, Abschaffung unnötiger Steuern, Behebung der kalten Progression, Sozialabgaben und Gebühren auf den Prüfstand, weniger Steuern auf Arbeit, mehr Steuern auf Finanz- und Aktienkapital.