Schnell – und ehrlich

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Diskutieren in der Redaktion des „Mannheimer Morgen“ über die Themen in der Zeitung (v.l.): die Leser Joachim König und Maximilian Alpers, die Leserinnen Britta Gedanitz und Claudia Schwabe, Chefredakteur Dirk Lübke sowie Redakteur Manfred Loimeier. © Manfred Rinderspacher

Nach vorn gebeugte Körper, neugierige Blicke und unzählige Fragen: Redakteur David Lee Schramm wird an seinem Schreibtisch umringt von vier Lesern dieser Zeitung. Schramm koordiniert an diesem Tag die Online-Berichterstattung auf dem Nachrichtenportal des „Mannheimer Morgen“, dem „morgenweb“. Der Online-Journalist hat gerade einen interessanten Bericht der Bundesstelle für Fluguntersuchung (BFU) auf einem seiner zwei Bildschirme. In der Nähe des Mannheimer Flughafens soll es im vergangenen September eine gefährliche Annäherung zweier Flugzeuge im Luftraum gegeben haben. Schramm recherchiert, schreibt und wenige Minuten später steht die Meldung bereits im Internet.

Das sagen unsere Leser

Claudia Schwabe ist in Mannheim aufgewachsen. Die ehemalige Lehrerin hat eine große Leidenschaft: die Musik. Noch heute ist die 71-Jährige als Kantorin in Mannheim-Friedrichsfeld tätig.

Wie lesen Sie?

Ich lese Zeitung in Papierform. Eine Ausnahme: Im Urlaub nutze ich intensiv das „morgenweb“.

Was lesen Sie zuerst?

Als erstes lese ich immer den Lokalteil, danach die Kultur.

Was ist Ihnen am wichtigsten?

Für mich ist entscheidend, dass ich korrekt informiert werde.

Was würden Sie ändern, wenn Sie Chefredakteurin wären?

Als jemand, der in Friedrichsfeld wohnt, würde ich dafür sorgen, dass ich auch die Stadtteilseiten aus Mannheim bekomme.

„Ich komme aus einer Familie, in der Zeitung lesen selbstverständlich war“, sagt Joachim König. Der 69-Jährige lebt seit seiner Geburt in Mannheim. Noch heute ist er als Großhandelsunternehmer tätig.

Wie lesen Sie?

Ich lese ausschließlich auf Papier.

Was lesen Sie zuerst?

Ich beginn mit der Seite 2. Dort stehen die politischen Kommentare. Diese sind mir wichtig.

Was ist Ihnen am wichtigsten?

Ich lege Wert auf Vielfalt und klare Stellungnahme in den Kommentaren.

Was würden Sie ändern, wenn Sie Chefredakteur wären?

Ich wäre noch etwas pointierter in der Berichterstattung – gerade bei den lokalpolitischen Themen.

Der gebürtige Braunschweiger Maximilian Alpers lebt seit 1975 in der Region – zuerst in Mannheim, heute in Ludwigshafen. „Ich lese ganz leidenschaftlich Zeitung“, sagt der 67-Jährige.

Wie lesen Sie?

Ich lese gerne auf Papier, weil ich so konzentrierter lesen kann.

Was lesen Sie zuerst?

Ich fange mit der zweiten Seite und den Kommentaren an, danach springe ich zur Wirtschaft. Den Lokalteil lese ich besonders ausführlich – fast jede Meldung interessiert mich.

Was ist Ihnen am wichtigsten?

Ehrlichkeit.

Was würden Sie ändern, wenn Sie Chefredakteur wären?

Ich würde mehr Wert auf die schönen Dinge der Welt legen.

Britta Gedanitz ist in Bremen geboren, in Südhessen aufgewachsen. Seit 20 Jahren lebt die 53-jährige Juristin in Mannheim.

Wie lesen Sie?

Ich mag digitales Lesen, um im Internet unterschiedliche Angebote vergleichen zu können.

Was lesen Sie zuerst?

Ich interessiere mich besonders stark für den Lokalteil. Ich lese Zeitung aber sehr selektiv und nicht Seite für Seite.

Was ist Ihnen am wichtigsten?

Die Tiefe bei einem Thema ist für mich entscheidend. Kommentare sind ebenfalls sehr wichtig.

Was würden Sie ändern, wenn Sie Chefredakteurin wären?

Ich würde den Schwerpunkt in der Zeitung noch mehr auf die Berichterstattung über Lokalpolitik legen.

Ziel lautet Transparenz

Diese Fragen stellten Leser

Bei unseren Lesern kommen während des Hinein-schnupperns in den Redaktionsalltag viele Fragen auf. Wir beantworten die häufigsten Themen.

Wo haben Sie denn überall Korrespondenten?

Unsere Zeitung hat in Deutschland Büros mit Korrespondenten, in Stuttgart, Frankfurt, Mainz, Wiesbaden, München und Berlin. Weltweit teilen wir uns mit anderen Zeitungen Journalisten, die für unser Blatt schreiben. Wir sind in Paris, London, Brüssel, Wien und Rom genauso vertreten wie in Washington.

Wie bearbeiten Sie Texte der Nachrichtenagentur dpa?

Mit der Nachrichtenagentur dpa verbindet diese Zeitung eine Art Abonnement, so dass wir von ihr Texte und Bilder zu allen wichtigen Ereignissen und Themen im In- und Ausland erhalten, pro Tag etwa 2500 Bilder und mehr als 2500 Texte. Damit die Texte auch im gewohnten Bild des Lesers erscheinen, werden sie nicht nur redigiert – das heißt bearbeitet –, sondern auch gekürzt oder ergänzt. Das machen die Blattmacher im Newsroom, dem Raum, in dem die Fäden zusammenlaufen.

Wie lange arbeitet Ihre Redaktion jeden Tag?

Das Online-Team startet um 6.30 Uhr. Um 9 Uhr nehmen die Blattmacher, die die gedruckte Zeitung planen, ihre Arbeit auf. Der Spätdienst, der auch im Sport besetzt ist, endet etwa um 23 Uhr, bei Bedarf wie wichtigen Wahlen oder unvorhersehbaren bedeutsamen Ereignissen auch später. Aktualisiert werden kann die Stadtausgabe Mannheim bis Mitternacht. Für andere Ausgaben gilt ein etwas früherer Redaktionsschluss.

Wann wird denn Ihre Zeitung gedruckt?

Unsere Zeitung wird in verschiedenen Etappen gedruckt. Als Erstes, gegen 22 Uhr, entsteht die sogenannte Postausgabe, die teilweise sogar weltweit versendet wird. Anschließend gehen unsere Partnerzeitungen in den Druck. Aktualisieren können wir unser Produkt bis etwa 24 Uhr. Anschließend werden die gedruckten Zeitungen zu vielen Zwischenlagern – von Bad Mergentheim bis nach Bensheim – gebracht, um von dort aus von den Zeitungszustellern verteilt zu werden.

Wie wird man Journalist?

Ein Hochschulstudium ist von Vorteil, aber nicht zwingend. Die Ausbildung in unserer Redaktion dauert zwei Jahre. In dieser Zeit durchläuft ein Volontär Stationen, für die er recherchiert, interviewt, fotografiert, schreibt und kommentiert. Wird ein Volontär übernommen, kann er als Blattmacher planen oder als Reporter schreiben.

Info: Volontär-Broschüre unter: bit.ly/2r1L20y

Diese Zeitung hat mit Claudia Schwabe, Joachim König, Maximilian Alpers und Britta Gedanitz vier Leser für einen Tag in die Redaktion eingeladen. Die Mannheimer können den Journalisten bei der Arbeit genau über die Schulter schauen: Wie entsteht eine Nachricht? Welche Themen kommen ins Blatt? Wo kommen die Nachrichten aus aller Welt her? Wer sind die wichtigsten Informanten für den Reporter? Fragen rund um die Entstehung von journalistischen Artikeln gibt es ziemlich viele. „Den MM lese ich, seit ich Kind bin“, erinnert sich die 71-jährige Claudia Schwabe. Selbst im Urlaub verfolge sie die Nachrichten aus Mannheim über das „morgenweb“.

Dirk Lübke, Chefredakteur dieser Zeitung, freut sich über die treuen Leser. „Wir machen mit solchen Besuchen unsere Arbeit als Lokalzeitungs-Macher transparent.“ Das sei gerade in Zeiten des Populismus wichtiger denn je. Auch Maximilian Alpers greift die Debatte um journalistische Qualität auf: „Die wichtigste Aufgabe von Zeitung ist es, ehrlich zu berichten“, sagt der 67-Jährige, der gebürtig aus Braunschweig kommt, aber schon seit Jahrzehnten in der Metropolregion lebt. Der gelernte Drogist vertraut dabei der Kompetenz regionaler Tageszeitungen. „Manchmal wünsche ich mir noch mehr Debatten“, betont er. Während der Morgenkonferenz in der Redaktion wird schnell deutlich, was die Leser erwarten: Exklusive und hintergründige Nachrichten mit einem Bezug zu der Region, in der sie leben. Joachim König nennt die aktuelle Berichterstattung über den Verkauf des ehemaligen Militärgeländes Turley in Mannheim. „Ich verstehe nicht, warum die Stadt das Areal für sechs Millionen verkauft hat und es dann für 36 Millionen Euro von einem Privatinvestor weiterverkauft wurde“, sagt der 69 Jahre alte Mannheimer. Er freue sich, dass er von diesem Thema aus seiner Zeitung erfahren habe und hoffe auf eine kontroverse Diskussion in der Stadt.

Große Verantwortung

Chefredakteur Lübke erklärt den Ansatz seiner Redaktion: „Wir arbeiten besonders für unser Online-Angebot sehr temporeich. Gerade darin liegt eine besondere Verantwortung – unsere Nachrichten müssen trotz Schnelligkeit korrekt sein.“

Am späten Nachmittag heißt es dann: Blattabnahme. Alle Zeitungsseiten werden um 17 Uhr aufgehängt und noch einmal detailliert von den Redakteuren überprüft. Die Leser finden das Thema vom Vormittag wieder: Im Mannheimer Lokalteil steht die Geschichte über den Beinahe-Zusammenstoß der Flugzeuge. Damit auch die Leser der gedruckten Ausgabe umfassend informiert werden.

Bisherige Gäste

2015

Januar: Hans-Ullrich Fritz, Helmut Schäfer; April: Günther Hübsch, Lutz Aberle, Manfred Effertz, Rüdiger und Erika Grosse; Juli: Ditta Lauretta Büscher, Roswitha Niedermeier; Oktober: Werner Kirchner, Martin Weiss, Thomas Hollritt, Helmut Büchner.

2016

Januar: Ulrike Faulhaber, Reinhold Schwinn; April: Jutta Scherer, Klaus Maier, Klaus Anacker, Eva Teubert, Axel Juedtz, Aljoscha Kertesz; Juni: Petra Stacha, Eginhard Teichmann, Gerhard Bleckmann, Lilo Bühler, Gerd Mücke, Heidemarie Didion; Juli: Christiane Geiger, Gabriele Fleck, Manfred Nagler, Manfred Dengel, Cornelia Blume; Oktober: Günter Klomfaß, Werner Himmele, Horst Schneider, Manfred Lindner, Marzell Müller.

2017

Januar: Friedebert Goldbach, Irene Reider, Günter Schmidt, Johanna Schmidt, Roman Wolf; April: Norbert Heckert, Christoph Heidelberger, Ursula Ritter-Meffert, Walter Meffert, Klaus Mengel; Juni: Karl-Heinz Patzke, Michael Mürmann, Christa Grenz, Thomas Wilsdorf-Lindenthal, Marietta Hagen; August: Marion Koch, Jutta Schmitt, Jürgen Schmitt, Axel Weber, Hugo Withopf, Jiehong Zhou; November: Arndt Müller, Sylvia Müller, Christian Potthof, Udo Seibold.

2018

Juli: Bianca Beyer, Klaus Hinkel, Elisabeth Honkel, Jürgen Matthes, Erika Matthes, Manfred Meliset; September: Elisabeth Stroh, Gerhard Kugler, Jochen Heil; November: Wolffried Wenneis, Werner Dietz, Marliese Eberwein-Dietz, Barbara Kretschmer, Eva Baumann-Stauder.

2019

März: Claudia Schwabe, Joachim König, Maximilian Alpers, Britta Gedanitz.

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