Selbst erwählter Erziehungsauftrag

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Zum Artikel "Muslim lernt Metzger in Sandhofen" vom 30. Juni:

Wieder einmal frage ich mich, warum der MM, eine Zeitung in einem säkularen Staat, seinen Lesern mitteilen muss, dass ein Muslim nun das Metzgerhandwerk erlernt.

Mir als Kunde ist es egal, welcher Glaubensrichtung mein Fleischer und seine Mitarbeiter angehören. Ich denke, dahinter steckt wohl eher wieder der Zwang, deutlich zu machen, dass die vielen alleinreisenden muslimischen (nur männlichen) Minderjährigen (als solcher kam der Azubi nach Europa) für unsere Gesellschaft eine Bereicherung seien. Fragen bleiben offen.

Der "MM" kommt also seinem selbst erwählten Erziehungsauftrag nach. Zunächst Glückwünsche, dass Azubi und Lehrherr zueinandergefunden haben. Trotzdem beschleichen mit folgende Fragen:

Warum reiste der junge Mann nach Deutschland? Italien ist ein sicheres europäisches Land. Warum wurde hier einen Asylantrag gestellt, wo laut Wikipedia der Senegal seit 1960 unabhängig ist und "...seitdem ein Mehrparteiensystem bei (behielt) und (...) zu einem der wenigen demokratischen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent (wurde)".

Warum möchte der Mann nicht über seine Vergangenheit reden? Vielleicht würde er dann nicht als einer der vielen Wirtschaftsflüchtlinge gesehen werden. Wurde er von Islamisten bedroht? Immerhin warnt das Auswärtige Amt: "In der gesamten Sahelregion besteht seit Jahren eine islamistische terroristische Bedrohung." Allerdings gilt dies für Europa mittlerweile auch.

Der Lehrherr hat seit drei Jahren keinen Lehrling mehr gefunden. Er sagt: "Es hat nie gepasst." Mich würde interessieren, was nicht gepasst hat. Auf jeden Fall wäre er mit einem x-beliebigen Lehrling nicht auf die Titelseite des "MM" gekommen. Wahrscheinlich hätte es auch weniger amtliche Hilfe (vielleicht auch pekuniärer Art?) für einen Azubi gegeben, der eventuell auch in Schrift und Sprache Defizite gezeigt hätte.

Wenig lohnenswert

Schön, dass das Handwerk jetzt Nachwuchs in und aus Afrika sucht. Der Einsatz für Menschen, die hier geboren sind, scheint weniger lohnenswert für das Image zu sein. Aber wer weiß, vielleicht stellt der "MM" demnächst eine christliche Friseurin, einen jüdischen Bäcker oder eine atheistische Kosmetikerin vor, die auch eine Lehrstelle gefunden haben.