So bewerten Leser die Bundestagswahl

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Zum Thema Bundestagswahl:

Deutschland, ich bin schockiert und betrübt. Ich bin stolz darauf, in einem Land zu leben, das als liberal und weltoffen gilt und ein solches Grundgesetz hat. Sicherlich kann man an der Politik der großen Parteien Dinge kritisieren - auf konstruktive Art und Weise. Aber aus Protest eine AfD zu wählen, mit dem Gedankengut und den Äußerungen, die von deren Politikern zu hören sind, ist beschämend.

Auch wenn sicherlich nicht jeder der AfD-Wähler rechtsradikal ist, sondern viele Protestler ihr Kreuz bei der Partei gemacht haben, so trägt doch jeder Wähler der AfD die Verantwortung, eine Partei gewählt zu haben, die mit rechtsradikalen Äußerungen auffällt. Laut Gauland könne man stolz auf die Leistung der deutschen Soldaten in zwei Weltkriegen sein. Worauf bitte? Dass andere Länder in Blitzangriffen überrollt wurden, Menschen ins Unglück gestürzt wurden, Millionen von Juden, Homosexuelle, Behinderte, Sinti und Roma in Gaskammer umgekommen sind? Darauf sollten wir stolz sein?

Geschichte nicht wiederholen

Als jemand, der schwul ist und Migrationshintergrund hat, wäre ich aus mehreren Gründen in der Gaskammer gelandet. Und diese Geschichte kann und darf sich nicht wiederholen. Es sollte uns allen und allen freiheitlichen Ländern eine Mahnung sein und bleiben. Lasst uns alle zusammenstehen, damit Deutschland weiterhin demokratisch und bunt bleibt, lasst uns die Probleme, die es gibt, konstruktiv anpacken, aber lasst uns vor allem den Geist der Freiheit, Weltoffenheit und Pluralismus in die Welt tragen, denn das sind wir uns allen und Deutschland schuldig. Apostolos Klisiaris-Welle, Mannheim

Mit großer Überschrift in Ihrer Zeitung: "Merkel hat nur eine Wahl - Jamaika". Ich finde, Frau Merkel hat wirklich nur eine Wahl, nämlich zurückzutreten bei diesen Verlusten. Gratulation der AfD, hätte mehr Stimmen gewünscht. Nun fallen mal wieder sämtliche Politiker aus allen Wolken! Petra Rothmeier, Mannheim

Das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 lässt befürchten, dass die gegenwärtig als einzig möglich angesehene (Jamaika-)Koalition für Deutschland erheblich weniger Fortschritte bringen wird, als man es bei der Großen Koalition ausgemacht zu haben glaubte. Drei Parteien mit wechselseitig nur kleinen Gemeinsamkeiten und insgesamt einer sehr kleinen solchen lassen einen Koalitionsvertrag (falls es zum Abschluss kommt) erwarten, der im wesentlichen Punkte aufführt, die mangels Konsens "auf später" verschoben werden müssen und nicht den Hauch eines Ansatzes zur Lösung der wirklich bedeutenden Probleme wie Migration, Renten, Spaltung der Gesellschaft, und so weiter aufweisen wird.

Warum in dieser Situation nicht einmal das Experiment "Minderheitsregierung" wagen? Man könnte eine Regierung aus zwei Partnern bilden, die sich bei ihren Vorhaben Unterstützung aus der Opposition suchen muss - was der Qualität der Begründungen und Diskussionen sicher zum Vorteil gereichen würde. Klar ist, dass dann auch manche Vorhaben scheitern können, wobei die Medien dieses nicht für sensationshaschende "Regierungskrise"-Aussagen verwenden könnten.

Sollte sich diese Lösung nach etwa einem Jahr nicht bewährt haben, können ja Neuwahlen angesetzt werden. Der Bürger hätte dann sicher ein klareres Bild als heute, wer wofür steht, wer konstruktiv und wer nur als Neinsager agiert hat. Hans-Lescow Banse, Mannheim

Als am Abend des 24. September die Ergebnisse der Bundestagswahl feststanden, war nicht das sensationell niedrige Abschneiden der Union und das Rekordtief der Sozialen das Thema in den TV-Sendern, sondern der erwartungsgemäße Einzug der AfD in die Bundespolitik. Doch es hat durch sie eben keinen "Ruck nach rechts" gegeben. Ihr Erscheinen ist die Folge einer Politik die, unbeachtet von den Menschen, aber gesteuert von dieser, seit vielen Jahren immer weiter nach links ausscherte.

Anstatt sich mit der Tatsache zu arrangieren, dass sich ein beträchtlicher Teil der Wähler für die Alternative entschieden hat und konstruktiv den Austausch mit dieser suchen zu wollen, wurde bis tief in die Nacht noch diffamiert. Es sind eben nicht "Abstiegsängste" und "Ausgrenzung", welche die Wählerschaft der AfD tragen, sondern Sprüche und Versprechungen der Altparteien und Sätze wie "Wir müssen den Menschen wieder zeigen, dass sie ernst genommen werden." Und dann geschieht nichts.

Es ist auch keine Europafeindlichkeit erkennbar. Zusammen mit nationalbewussten Parteien aus den Nachbarländern lässt sich sehr wohl ein konservatives Europa der Zukunft gestalten, in dem jedes Mitglied die Eigenheiten des anderen toleriert. Getragen von einer gemeinsamen Kultur, die über das Mittelalter zurückreicht.

"Wir holen uns unser Land zurück", diesen Satz von Herrn Gauland, gesprochen auf der Wahlpartie in Berlin in der Diskothek am Platz mit seinem Vornamen, kann jeder akzeptieren, der einen Vielvölkerstaat vermeiden will. Man muss der AfD als drittgrößte Partei und trotzdem Minderheit im heutigen Politspektrum ihren Erfolg, den sie sich durch Meinungsbildung verdient und erarbeitet hat, gönnen. Im Allgemeinen werden Minderheiten stets hofiert. Man denke nur an das Gendertum, das die breite Masse der Bürger ablehnt und die Absurdität multipler Geschlechter. Die Lebendigkeit ist zurück. Endlich können wir uns auf interessante vitale Debatten im Bundestag freuen. Uwe Merkel, Mannheim

Der Wille des Volkes ist entscheidend. Das ist gut so, aber fehlerlos oder gar heilig ist er keineswegs. Da muss eine Frau Petry kommen, um den Wählern (angeblich viele Ärzte und Rechtsanwälte) deutlich zu machen, wie sich die AfD offenbart. Wichtigmacher wie Herr Löbel in Mannheim und Herr Lindner auf Bundesebene werden gewählt! Viele schreien nach mehr Bürgerbeteiligung und manche Politiker greifen gierig zu.

Die Schweiz kann damit leben, dass das Volk über ein so komplexes Thema wie Rentenreform entscheidet. Können das auch unsere Bundesbürger? Hans Joachim Bremme, Heidelberg

Das Titelbild vom Montag, 25. September, mit Angela Merkel finde ich unmöglich! Was sind das für Redakteure, die so eine Entscheidung fällen? Einfach nur geschmacklos, ganz gleich wo man politisch steht. Katharina Müller, Mannheim