Vergebene Chance

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Zum Kommentar „Sensibler sein“ vom 28. Juni:

Herr Ragge fragt in seinem Kommentar rhetorisch nach, ob man an einem 9. November „anstoßen, feiern, lachen und Geschäfte machen“ darf. Während in seiner Art der Fragestellung sein „Nein“ schon vom ersten Buchstaben an zu lesen war, behaupte ich gegenteilig „Aber Ja“.

Auch wenn es Herr Ragge und Vertreter religiöser Gruppierungen gerne hätten, es werden an diesem Tag keine Geschäfte geschlossen bleiben, es werden keine Feiern, Feste, Veranstaltungen nicht gefeiert werden, es werden weiterhin Comedy-Sendungen ausgestrahlt und Cartoons veröffentlicht werden. Deutschland wird an diesem Tag nicht in Sack und Asche herumlaufen und gesenkten Hauptes „mea culpa“ und „die Welt ist ja so schlecht“ rufen.

Kommentar eine Beschimpfung

Gegen Geschichtsvergessenheit zu kämpfen, das Gedenken an Opfer aufrecht zu erhalten, das ist voll zu unterstützen und sollte viel mehr und öffentlicher praktiziert werden. Solange sich aber das Gedenken seit Jahren in Schweigeminuten ausdrückt, nach denen die Musik, der Tanz, die Sportveranstaltung fröhlich weitergehen, ist die Ausdrucksweise und Art, wie Herr Ragge die Moralkeule schwingt, nicht zielführend. Sein Kommentar ist eher als eine Beschimpfung zu verstehen, die alle als geschichtsvergessen, ignorant, unsensibel, Gewalt akzeptierend, rechts tolerierend und langsam bezeichnen, die die Veranstaltung an diesem Tag dennoch durchführen möchten. Das Verschieben der Veranstaltung allein wegen den Ereignissen der Geschichte an diesem Datum ist eine vergebene Chance, genau das Gegenteil zu zeigen. (von Thorsten Knapp, Mannheim)

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2G1dRSp