Volle Nutzung muss für Verbraucher möglich sein

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Diesen Plastikmüll hat der Naturschutzbund Deutschland aus der Ostsee gefischt. Kaufen, aufreißen, wegwerfen – die meisten Verpackungen haben eine sehr kurze Lebensdauer. Nirgends fällt in der EU pro Kopf mehr Verpackungsmüll an als in Deutschland. © dpa

Zum Artikel „Deutschland hält unrühmlichen Spitzenplatz“ vom 27.7.:

Verbrauchsgüter lassen sich normalerweise ohne weiteres völlig aufbrauchen, wie etwa Bier aus einer Flasche, oder Zucker aus einer Tüte. Bei pastösen Produkten sieht das anders aus. Beispiele dafür sind Zahnpasta und Cremes, aber auch Marmelade gehört dazu. Je nach Art des Produkts und der Ausführung der Verpackung bleibt schließlich ein Rest, der sich nicht ohne weiteres nutzen lässt.

Entweder wir werfen die Verpackung in den Müll. Dann werden wir um die volle Nutzung dessen, was wir bezahlt haben, gebracht. Oder wir mühen uns damit ab, an die Reste des Inhalts zu kommen, dann werden wir um unsere Zeit gebracht. Es ist wirklich bemerkenswert, wie lange schon die kaufende und verbrauchende Menschheit sich dies gefallen lässt. Abhilfe wäre leicht möglich durch einfache Konstruktionsänderungen. Von den Herstellern sind entsprechende Initiativen nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil, die Hersteller werden allen Wünschen nach Verbesserung Widerstand entgegensetzen. Profitieren sie doch dadurch, dass sie so mehr verkaufen können als eigentlich gebraucht wird. Wir als Verbraucher haben ein Recht darauf, das Gekaufte ohne besondere Schwierigkeiten ganz nutzen zu können. Wir sind doch selber schuld, wenn wir uns seit mehr als hundert Jahren nicht um dieses Recht kümmern. So wie die Dinge liegen, müssen wir uns dieses Recht erstreiten, Druck machen, Hebel ansetzen.

Hebel 1: Kaufverweigerung. Weil Zahnpastatuben einander ziemlich ähnlich sind, ist mit einem Produktwechsel nicht viel auszurichten in Bezug auf die Entleerbarkeit. Marmeladengläser dagegen sind so verschieden, dass sie zwischen „miserabel“ und „vorbildlich“ liegen. Marmeladengläser, die oben und unten mit einem Wulst versehen sind, kaufe ich schon lange nicht mehr. Ein französisches Produkt hingegen ist wie ein Trinkglas, ohne „Ecken und Kanten“, geformt.

Hebel 2: Produkttests. Hier wird ein zusätzliches Prüfkriterium eingeführt, Abwertung bei schlechter Entleerbarkeit.

Hebel 3: Gesetzliche Vorgaben. Wahrscheinlich kommen wir ohne aus, weil es noch den nächsten Hebel gibt, der sich überdies von selbst ansetzt.

Hebel 4: Der Markt. Dem Marktgeschehen kann sich auf Dauer kein Anbieter entziehen. Ist nur ein kleiner Anfang gemacht, dann gibt es kein Halten mehr! Gute Entleerbarkeit wird zum Werbeargument.

Es gibt noch etliche Verpackungen, die sich, je nach technischer Ausführung, mehr oder weniger gut entleeren lassen. Bei Flaschen mit Pumpe, wie etwa Sprühflaschen oder Flaschen mit Handwaschmittel sollte der Saugschlauch möglichst dicht am Boden sitzen. Die beste Lösung: Der Flaschenboden ist so gestaltet, dass der Rest zu einer Vertiefung fließt, in welcher der Saugschlauch mündet. Es kommt aber jetzt nicht darauf an, alle möglichen Problemfälle aufzuspüren. Jeder Verbraucher kennt sich aus!

Auf längere Sicht tut sich ein weites Feld auf, das es zu beackern gilt: nicht nur bei Verbrauchsgütern, sondern auch, beispielsweise im medizinischen Bereich mit seinen Tuben für Salben und Cremes, gibt es Handlungsbedarf. Selbstverständlich gibt es viel wichtigere Probleme, als das hier behandelte. Dieses „Randproblem“ gleicht etwa einem immer wieder auftretenden Hautjucken, das man durch ein bestimmtes Mittel endlich zum Verschwinden gebracht hat und froh darüber ist.

Den Vorteil hat man auf Dauer. Auch die Umwelt wird weniger belastet, da der Ressourcenverbrauch zurückgeht.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2vFS2lG

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