Zerbombtes Land wieder aufgebaut

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Zum Leserbrief „Zynischer Vergleich Gaulands“ vom 16. Juni:

Ich bin jetzt etwas über 92 Jahre alt und trage Erinnerungen in mir, die ich nie vergessen kann. Wir Schüler wurden mit einem sogenannten Notabitur 1944 fast ausnahmslos zwangsweise Wehrmacht Soldaten, ob wir wollten oder nicht! Als 17-jährige „Wehrmacht Buben“ war einer unserer ersten Einsätze, „Aufräumarbeiten“ nach einem Überfall jugoslawischer Partisanen auf ein Lager junger weiblicher „Arbeitsdienst Maiden“.

Viele von uns Schülern sahen damals zum ersten Mal nackte Mädchen – vergewaltigt, verstümmelt und getötet. Wir konnten zum Glück noch viele Leben retten! Ohne zu töten und zu plündern! Viele meiner Mitschüler, die im Osten 1944 eingesetzt waren, hatten töten und plündern ganz anders erlebt. Ich war dabei und werde jetzt als Mörder bezeichnet.

Als ich kürzlich mit einem gleichaltrigen Herrn über unsere Jugend sprach, die eigentlich nie stattgefunden hat und den grausamen Krieg und die schlimme Gefangenschaft, hörte ein junger Mann (der vielleicht gerade eben auch Heft 321 gelesen hat) aufmerksam zu und konfrontierte uns mit der Feststellung und der Frage: „Ihr wart schön blöd, warum habt ihr denn nicht verweigert!“

Unsägliches erlebt

Dies war eigentlich nach schlimmen Erlebnissen meine traurigste Erfahrung! Wenn die wenigen noch verbliebenen Zeitzeugen, die in Altersheimen vor sich hindämmern, endlich sozialverträglich abgelebt sind, wird wohl (laut Heft 321) ein Bild einer ganzen mörderischen und Plündernden Generation im Gedächtnis bleiben. Einer Generation, die unsägliches erlebt hat und nach dem Krieg, ohne in ein anderes Land zu flüchten, in dem Milch und Honig fließt, sondern ein zerbombtes Land mir friedlichen und wohlhabenden Menschen wieder aufgebaut hat. Leserbriefe wie der von Herrn Kose schmerzen.

Info: Originalartikel unter https://bit.ly/2lxzrDz 

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