Zweifel an einer würdigen Trauerbewältigung

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Zum Artikel „Persönliches Gedenken im Netz“ vom 8. Mai:

Was kann im öffentlich zugänglichen Netz persönlich, menschenwürdig und zartfühlend im Zusammenhang mit einem Trauerfall sein? Das widerspricht sich doch meines Erachtens schon von selbst. Aber hier geht es noch nicht einmal um eine alltägliche allgemeine Thematik, hier geht es um einen höchst sensiblen, sehr intimen, persönlich geschützten Raum.

Mir erschließt sich nicht, warum es für Angehörige immer schwieriger werden soll, eine Grabstelle zu besuchen. Die räumliche Entfernung von einer Grabstätte oder von Angehörigen kann durchaus auch anders als rein virtuell und damit unpersönlich überbrückt werden. Ist es nicht vielleicht auch die persönliche Bequemlichkeit, die einen Angehörigen davon abhält, in stiller Zwiesprache eine Grabstätte zu besuchen? Und alte Menschen zum Beispiel, die körperlich gehandicapt sind, sind nicht diejenigen, die dann im Internet den Kontakt zu ihren Angehörigen suchen oder per Internet in stiller Persönlichkeit des Toten gedenken.

Auch heute kann man noch Briefe schreiben, ganz herkömmlich miteinander telefonieren oder sich gegenseitig besuchen. Gerade bei Beerdigungen wird häufig bedauert, dass sich Familien nur noch zu Trauerfeiern und Beerdigungen treffen. Zu aufwendig erscheint es so manchen Familien, sich zu Lebzeiten in gewissen Abständen zum zwanglosen Plausch zu treffen. Wenn man sich im alltäglichen Leben schon voneinander entwöhnt, dann muss man sich nicht wundern, wenn es schwerfällt, im Trauerfall die richtigen Worte füreinander zu finden. Da soll jetzt ein kostenloses Nutzerforum der Zeitung Abhilfe schaffen? Der virtuelle Austausch und die virtuelle Kerze sollen da hilfreich sein? Soll das würdige Trauerbewältigung sein? Das bezweifele ich.

Info: Originalartikel unter http://bit.ly/2IEMj93

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