Mannheim im Weihnachtszauber

Glücksgefühle und Kindheitserinnerungen

Für Dennis Maier ist Weihnachten ein Familienfest. Sein schönstes Geschenk bekam der Mannheimer Koch schon im November: einen Stern für sein Restaurant Emma Wolf

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uma
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Weihnachten ohne Gänsebraten? Undenkbar für Dennis Maier. „Gans mit Knödeln und Rotkraut an Heiligabend ist bei uns Familientradition, so lange ich denken kann“, sagt der Sternekoch und kramt in Kindheitserinnerungen: „Wir waren eine kleine Familie: meine Eltern, meine Oma und ich. Und bevor wir uns über Brust oder Keule hermachten, haben Oma und ich uns die Innereien und den Hals geteilt.“ Der magere, leicht knusprige Hals der Gans – bis heute ist er Maiers Lieblingsstück: „Es geht gar nicht so sehr darum, wie er schmeckt, dieses Zuzeln ist einfach ein Kindheitsgefühl.“

Die Gans im Hause Maier ist ein typisches Familienrezept. Wie ihn heute die Mutter zubereitet – ohne Füllung, und die Innereien werden im Innern des Vogels mitgeschmort – machte das auch schon die inzwischen verstorbene Oma. Und mit der verband Dennis Maier eine so enge Beziehung, dass er ihr im Herbst 2015 ein ganz besonderes Denkmal setzte: Sein Restaurant im Quartier Q 6 Q 7 trägt ihren Namen: Emma Wolf since 1920. Das war ihr Geburtsjahr. Der 35-Jährige hat oft erzählt, dass sie es war, die seine Begeisterung fürs Kochen weckte und verantwortlich dafür war, dass aus dem Bub aus der Gartenstadt ein erfolgreicher Küchenchef wurde. Oft hatte sie gekocht, wenn er aus der Schule kam. Reisauflauf zum Beispiel, ein süßes Gericht mit Backpflaumen drin und Mandelsplittern obendrauf. „Das habe ich unheimlich gern gegessen. Leider habe ich sie nie gefragt, wie sie das genau zubereitet“, bedauert er.

Seit er im Vorstandsrestaurant von ABB seine Ausbildung absolvierte, als Jungkoch im Da Gianni erste Erfahrung in der Sterneküche sammelte und als Küchenchef in Juan Amadors Sra Bua in Gravenbruch 2014 seinen ersten Stern erhielt, ist es ohnehin meist er, der um Rat gefragt wird. Sogar von der eigenen Mutter. „An Weihnachten kommt sie oft mit dem Löffel angelaufen und fragt, ob ich ihr Rotkraut abschmecken könnte. Dabei ist das doch gar nicht nötig – sie macht das seit so vielen Jahren und ich will es genauso haben, wie sie es kocht“, erzählt Maier. Auch Freunde, die ihn privat einladen, seien oft ziemlich nervös, hat er bemerkt: „Aber völlig grundlos! Ich würde doch nie den großen Koch raushängen und allen erzählen, wie es noch besser geht. Im Gegenteil: Ich bin glücklich und zufrieden, wenn ich auch mal bekocht werde.“

AN DEN FEIERTAGEN ZEIT FÜR DIE FAMILIE

Privat habe er an Weihnachten schon seit Jahren nicht mehr am Herd gestanden, erzählt er. Und auch beruflich muss er es in diesem Jahr nicht tun, denn Dennis Maier hat frei. Das Quartier Q 6 Q 7 ist über die Feiertage geschlossen und damit auch das Restaurant Emma Wolf. „Das ist schon schön“, freut Maier sich über den kurzen Urlaub und stellt fest: „In der Gastronomie ist das ja eher ungewöhnlich und auf jeden Fall ein Plus, wenn man gutes Personal sucht.“ Zwar habe er auch an den Feiertagen immer gern gearbeitet, doch, so Maier: „Es ist stressiger als sonst. Die Gäste sind an diesen Tagen besonders anspruchsvoll. Alles soll perfekt sein. Und manche sind auch genervt, wenn sie so viel Zeit mit der Familie verbringen müssen. Da brechen dann Spannungen auf, mit denen wir umgehen müssen.“

Genaue Pläne, wie die drei Weihnachtstage und der ebenfalls arbeitsfreie Jahreswechsel ablaufen werden, hat Maier nicht. „Ich muss mal meine Freundin fragen, was sie vorhat“, sagt er lachend. „Wir werden auf jeden Fall viel Zeit mit der Familie ver

bringen.“ Und gedanklich nochmals die letzten Wochen Revue passieren lassen, die ihm ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk bescherten.

„Wir jagen hier keine Sterne“, hatte Dennis Maier noch im Oktober betont. Dann kam der 11. November und ein abendlicher Anruf vom Chefredakteur des Guide Michelin Deutschland, Ralf Flinkenflügel. „Ich hatte gerade Hochbetrieb in der Küche und konnte nicht rangehen. Mein Team hat ihn auf später vertröstet“, erinnert sich der Koch, der die gute Nachricht schon ahnte. Der Rückruf brachte Gewissheit: einen Stern für das Emma Wolf und die Einladung zur Verleihungszeremonie nach Potsdam für den 14. November. Überraschung, Stolz, Mega-Freude und auch ein kleines bisschen Genugtuung – es seien gemischte Gefühle gewesen, die ihn da überwältigt hätten, sagt Maier. Das Schlimmste: „Ich musste dichthalten! Nichts darf vorher nach draußen dringen.“ Nur seinen Souschef Michael Braun und die Familie weihte er ein.

GÄSTE SCHÄTZEN EINBLICKe IN DIE KÜCHE

Der Stern für das Sra Bua 2014 und die Auszeichnung des Gastronomie-Magazins Rolling Pin als „Aufsteiger des Jahres“ im selben Jahr waren Meilensteine in Maiers Karriere. Doch diesmal, sagt er, sei das doch alles ein bisschen intensiver gewesen. „Es ist etwas anderes, wenn du den Stern für dein eigenes Restaurant kriegst und für ein Konzept, das neu und einzigartig in Deutschland ist“, vergleicht er. Wie oft er vom Guide Michelin getestet wurde, weiß er gar nicht, nur der erste Kritiker hatte sich beim Besuch geoutet. „Wir gucken nicht, wer ein Tester sein könnte“, sagt Maier über sich und sein Team. „Wir können zwar alle Gäste sehen, aber wir sind viel zu konzentriert.“ Die Arbeit der fünf Köche in der offenen, von allen Seiten einsehbaren Küche sei eher ein Gesehen-Werden, stellt Maier klar: „Wir müssen immer sauber arbeiten, rumschreien geht gar nicht. Und auch wenn man mal einen schlechteren Tag hat, muss man sich zusammenreißen, denn es gibt keine Rückzugsmöglichkeit.“ Seine Gäste schätzen diese seltenen Einblicke in Töpfe und Pfannen einer Spitzenküche, die Kritiker des Guide Michelin offenbar auch.

Und auch die Kollegen gönnen ihm den Erfolg. Weggefährten wie Robert Rädel und Benjamin Peifer oder der Karlsruher Glasbläser Michael Schwarzmüller gratulierten per SMS und Facebook zur Auszeichnung, und Tristan Brandt vom benachbarten Zwei-Sterne-Restaurant Opus V brachte Maiers Mannschaft spontan eine Magnum-Flasche Champagner als Geschenk vorbei. „Eine tolle Geste von Tristan! Wir haben sie am selben Abend nach der Schicht noch geköpft“, schwärmt Dennis Maier. Was sich nun ändert, mit dem Stern? Maier lacht. „Emma bleibt Emma“, versichert er. „Wir haben den Stern dafür gekriegt, was wir im vergangenen Jahr geleistet haben. So falsch kann das ja also alles nicht sein.“ uma

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