Seine Warnung klingt mir noch heute im Ohr. „Es gibt nichts Ernsteres als die Fasnacht“, mahnte mich Hermann „Mac“ Barchet. Ende der 1980er Jahre hatte „Mac“ – bis 1993 über 31 Jahre Leiter der „MM“-Lokalredaktion und großes Vorbild in Sachen Lesernähe – angefangen, mich an die Berichterstattung über die Fasnacht heranzuführen. Seine Mahnung – halb ernst, halb lustig gemeint – hat sich oftmals bewahrheitet.
Seit 1992 habe ich jetzt jedes Prinzenpaar journalistisch begleitet, unzählige Bälle und Prunksitzungen erlebt. Es gehört zum Brauchtum, zu den Gesetzmäßigkeiten der Fasnacht, dass damit dann auch närrische Auszeichnungen und Orden verbunden sind. Man wird da und dort, von großen wie kleinen Vereinen, zum Ehrensenator ernannt, erhält dazu eine Narrenkappe.
Aber ein Polizeipräsident verzichtet als Ehrensenator nicht auf Alkoholkontrollen, ein närrisch ausgezeichneter Bürgermeister kann keine Regeln außer Kraft setzen oder ein Rosengarten-Chef nur wegen der Senatorenmütze keine Saalmiete erlassen. Daher bedeutet auch die Narrenkappe auf dem Kopf des Journalisten keinesfalls, dass der Journalist nun zum Narr wird oder sich zum Narren halten lässt.
Dabei sind, und daher stimmte die frühe Ermahnung, Fasnachter (zumindest manche . . .) sehr empfindlich gegenüber Kritik. Aber sie muss sein, weil der Berichterstatter stellvertretend für die Leser da ist, nicht für die Vereine. Natürlich gibt es unterschiedliche Maßstäbe zwischen einem kleinen Vorortverein und den Organisationen, die – oft vor Selbstbewusstsein strotzend – den Rosengarten bespielen. Das ist wie bei Kreis- oder Bundesliga. Ein junges Mädchen, das sich erstmals auf die Rosengartenbühne traut, darf man auch nicht so hart beurteilen wie den Routinier.
Großes ehrenamtliches Engagement ist alle Anerkennung wert. Büttenredner, die pro Auftritt mehrere hundert Euro kassieren und doch jedes Jahr nur die gleichen alten Kalauer bringen, müssen sich aber harter Kritik wie Profis stellen. Und wer nur Witze auf Kosten von Minderheiten, über Frauen oder Krankheiten macht, der hat auf der Bühne meines Erachtens nichts verloren. Das alles muss, kann, will und darf man als Redakteur auch dann schreiben, wenn man manchmal die Narrenkappe auf dem Kopf hat.
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