Es sind 38 Thesen zur Lokalpolitik. Sie lauten etwa: „In Mannheim soll es kostenloses Mittagessen an Schulen und Kindergärten geben.“ Oder es wird mehr Geld für die Stadtreinigung gefordert. Auch die Bundesgartenschau ist dabei: Sie werde „überwiegend positive Auswirkungen haben“, lautet These 25. Man kann „Zustimmung“, „Neutral“ und „Ablehnung“ anklicken. Am Ende wird angezeigt, wie groß die persönlichen Übereinstimmungen mit den Parteien sind, die bei der Kommunalwahl am 26. Mai antreten.
- Der „Kommunal-O-Mat“ findet sich bei uns im Internet unter: morgenweb.de/komomat
- Zunächst werden die Nutzer um freiwillige Angaben gebeten. Es folgen 38 Thesen zur Lokalpolitik, denen man zustimmen, sie ablehnen oder sich enthalten kann. Themen, die einem besonders wichtig sind, lassen sich doppelt gewichten.
- Am Ende wird angezeigt, wie stark die persönlichen Übereinstimmungen mit den einzelnen Parteien sind.
- Gemeinsam entwickelt wurde der „Kommunal-O-Mat“ vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) und von der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Hochschule Mannheim. Zu den Unterstützern gehört auch der „MM“.
- Im MZES beteiligen sich am Projekt: Christian Stecker, Christian Melbeck, Nikolaus Hollermeier, Marina König und Tobias Weiß. Von der Hochschule sind dabei: Ralf Vandamme, Judith Brotz, Bianca Peter, Mario Sturm, weitere Studenten sowie Thilo Dieing vom Stadtschülerrat.
Eine individuelle Wahlempfehlung sei das nicht, betont Christian Stecker vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES). „Wir bieten allerdings eine Orientierungshilfe, die auch Auswirkungen auf die Wahlentscheidung haben kann.“ Auch Ralf Vandamme von der Hochschule Mannheim, der den „Kommunal-O-Mat“ mitentworfen hat, verweist auf den Informationswert für den Wähler. „Wenn ich mir nur die Plakate der Kandidaten anschaue, finde ich darauf doch kaum politische Aussagen.“
Hier geht es zum "Kommunal-O-Mat"
Stecker, Vandamme und ihre Mitarbeiter haben die Themen großteils aus Wahlprogrammen entnommen. Berücksichtigt wurden nur solche, die umstritten sind. Die 38 ausgewählten Thesen gingen dann an die Parteien, die ihre Positionen dazu nannten. Von den 13 Gruppierungen, die zur Kommunalwahl zugelassen sind, haben außer der NPD alle auf Anfrage mitgemacht.
Die Kommunikation mit allen Beteiligten beschreibt Stecker als sachlich und unkompliziert. Vandamme staunt immer wieder über die „kurzen Wege“ in der Mannheimer Lokalpolitik. Über Parteigrenzen hinweg gebe es im Gemeinderat ein hohes Verantwortungsgefühl. „Das habe ich in dieser Ausprägung noch in keiner anderen Großstadt erlebt.“
Die rege Beteiligung ermöglicht es den Nutzern, sich am Ende eingehend über die unterschiedliche Programmatik zu informieren. Wer auf „Ergebnisse im Detail“ geht, sieht zu jeder These die Positionen aller Parteien. Klickt man sie an, werden mitgelieferte Begründungen eingeblendet. Die sieben Größeren - also die, die bei der Kommunalwahl 2014 mindestens zwei Mandate holten - haben zu allen 38 Thesen Begründungen geschickt. Auch einige der Kleineren gehen auf alles näher ein.
Es ist das erste Mal, dass vor einer Kommunalwahl in Mannheim ein digitales Progamm zur Verfügung steht. In einigen anderen Städten habe es das schon gegeben, sagt Stecker. Er und sein Team vom MZES begannen etwa vor einem halben Jahr mit den Vorbereitungen. Später erfuhren sie, dass Vandamme an etwas Ähnlichem arbeitete. Er habe im Sommer 2018 damit angefangen und es dann in seinem Kommunalpolitik-Seminar vertieft, erzählt der Hochschul-Professor. „Mich begeistert hier das Engagement meiner Studenten.“ Die 18- bis 25-Jährigen seien seiner Beobachtung nach sehr viel stärker an Politik interessiert als frühere Generationen.
So fanden beide Teams zusammen. Beim Treffen mit dem „MM“ betonen sie, voneinander profitiert zu haben. „Am Ende ist jetzt sicher etwas Besseres dabei herausgekommen, als wenn es jeder nur für sich gemacht hätte“, so Stecker.
Daten werden ausgewertet
Die Wissenschaftler erhoffen sich vom „Kommunal-O-Mat“ auch einen längerfristigen Nutzen. Eingangs werden die Nutzer - anonymisiert und auf freiwilliger Basis - nach Persönlichem befragt: Geschlecht, Geburtsjahr, Bildungsabschluss und Wohnort. Außerdem sollen sie das aus ihrer Sicht größte Problem in Mannheim benennen. „So können wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie wichtig ein Thema für eine Altersgruppe oder in einem bestimmten Stadtteil ist“, sagt Stecker. Das erfülle zwar nicht die Kriterien einer repräsentativen Umfrage. Dennoch sei das gewonnene Datenmaterial vielleicht aufschlussreich.
Die Nutzer des neuen Instruments werden auch danach gefragt, ob sie am 26. Mai überhaupt abstimmen wollen und ob sie da schon eine Präferenz haben. Auch das soll anonym sowie streng vertraulich bleiben. Und wer zu alledem keine Angaben machen will, kann die Befragung überspringen und direkt mit den 38 Thesen beginnen.
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