Seit März herrscht in seiner Feudenheimer Gemeinschaftspraxis der Ausnahmezustand: Hausarzt Ömer Sanatci hat nicht nur die eigene Arbeit in der Corona-Pandemie umstellen müssen, auch der Umgang mit den Patienten hat sich verändert. Viele von ihnen haben große Sorgen, und manche wissen nicht mehr weiter. Wie sehr die Pandemie auch die Psyche der Menschen angreift, weiß Sanatci im Podcast „Mensch Mannheim“ zu berichten.
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Die Patienten, die sich ihm offenbaren, zeigen „große Angst, Unsicherheit, Frust, zum Teil Wut“. Es seien viele Faktoren, „die da zusammenlaufen“, etwa der lange Zeitraum der Pandemie, die veränderten Arbeitsbedingungen, die häuslichen Umstände. Viele seien es nicht gewohnt, zuhause zu arbeiten oder die Kinder den ganzen Tag zu betreuen.
Hinzu kommt laut Sanatci die Ungewissheit. Manche Patienten würden sich fragen: „Wie lange wird diese Situation gehen? Wie lange müssen wir uns noch so verhalten?“ Sanatci sagt: „Wir sind ja wirklich Freiheiten gewohnt. Wir lieben es zu reisen. Wir lieben es auszugehen. Und das ist alles jetzt eingeschränkt.“ Bis zu einem gewissen Grad hätten die Menschen Verständnis gehabt und hätten die Maßnahmen mitgetragen. Er befürchtet jetzt allerdings eine Phase, bei der es vielen Menschen schwerer fällt, sich selbst einzuschränken.
Wie reagiert der Arzt auf die neuen Nöte der Patienten? „Wir versuchen auf die Sorgen einzugehen.“ Über das Zuhören muss er herausfinden, wie er handeln muss. Im Einzelfall versuche man selbst Ratschläge zu geben, erklärt Sanatci. Wenn eine Erkrankung vorliege im Sinne einer Depression oder eines Erschöpfungssyndroms, dann müsse man die Person an Fachkollegen überweisen.
Kein Verständnis zeigt der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, wenn in seiner Praxis gegen klare Regeln verstoßen wird. Sanatci berichtet etwa von einer Frau, die ohne Maske in die Räume kam. Man habe sie gebeten: „Bitte ziehen Sie doch ihre Maske über.“ Das habe sie vehement abgelehnt. „Das artete dann in eine heftige Diskussion aus.“ Man habe sie dann freundlich herausgebeten.
Für ihn und seine Praxiskollegin Ingeborg Merz waren die vergangenen Monaten vor allem Stress, und der Herbst wird mit Blick auf die Grippe und die wieder deutlich steigenden Corona-Zahlen eine besondere Herausforderung. Ob er selbst Angst vor dem Corona-Virus hat? „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde: Nein“, so Sanatci in dem Podcast-Interview. „Natürlich hat man Angst, klar.“
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