Ernährung als Herausforderung in der Pflege

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Wie untrennbar unsere Ernährung mit unserer körperlichen und geistigen Gesundheit zu tun hat sehen und merken wir an uns selber z.B. wenn wir traurig sind oder wenn es uns nicht gut geht. Zudem prägen die ersten Jahre unseres Lebens sowohl unsere Vorlieben oder Abneigungen und das zuhause vorgelebte Essverhalten. Wenn Menschen älter werden wird es zudem schwieriger, gewisse Gewohnheiten zu verändern. Und was bedeutet das für eine Pflegesituation?

Die Erkenntnisse einer pflegenden Angehörigen - Frau G. erläutert ihre Sicht der Dinge

Durch die Demenz hatten sich bei meiner Mutter die Sinne und die Geschmacksnerven stark verändert. Mit der Zeit konnte sie die einzelnen Gerichte nicht mehr richtig schmecken und erkennen was natürlich auch zu einer gewissen Frustration bei ihr führte. Darüber hinaus gab es unterschiedliche Tage: Manchmal war es zu stark gewürzt und manchmal war es zu lasch. Den richtigen Ansatz zu finden, war unendlich schwer. Hinzu kam, dass sie ein Gebiss trug und nur noch schwer kauen konnte. Zudem hat sich das Gebiss verzogen, nachdem sie anfing Gewicht zu verlieren. All diese Dinge führen zu allerlei komplizierten Situationen, die man erst mal handhaben muss.   

Wieviel muss und wieviel darf?

Meine Mutter hat Butter geliebt und die musste immer sehr dick auf dem Brot sein. Zu Beginn habe ich mich noch aufgeregt, wegen des Cholesterins und des Fettanteils und vieles mehr. Aber irgendwann dachte ich, warum nicht? Sie war bereits 80 Jahre alt und hatte es so weit gebracht. Ansonsten trank sie selten Alkohol und hatte auch sonst keine anderen ‚Laster‘. Sie wurde am Ende stolze 85 Jahre alt! Wieviel muss man ab und zu geben? Klar, literweise alkoholische oder süße Getränke sollte man wirklich unterlassen, genauso zu viel zuckerhaltige Lebensmittel. Ein gesundes Mittelmaß ist immer das Richtige. Bei Menschen, die an Demenz erkrankt sind, ist das etwas schwierig. Manchmal geht das Essgefühl verloren geht und sie vergessen, ob und wann sie die letzte Mahlzeit zu sich genommen oder getrunken haben. in diesen Fällen muss man als pflegender Mensch akzeptieren, dass nicht alles immer regelbar ist und man nicht immer kontrollieren kann, ob gegessen oder getrunken wurde.   

Fleisch oder nicht Fleisch?

Ich komme aus einer Familie, in der es generell am Sonntag irgendeinen Braten gab und meine Großmutter kochte göttlich! Auch ansonsten gab es öfter Fleisch. Das hatte sich aber geändert, als mein Vater Rentner wurde. Ab diesem Zeitpunkt kochte er oft und vor allem eher fischlastig oder vegetarisch. Meine Eltern waren ‚Kriegskinder‘ und von daher rührten viele Ernährungsgewohnheiten. Man warf kein Essen weg (eine gute Tugend, die man heute wieder einführend sollte) und vor allem man sorgte auch vor, falls möglich. Wenn es Obst und Gemüse gab wurde so einiges eingemacht oder eingefroren. Es gab viel Frisches bei uns auf dem Tisch. Aber es gab auch die Regel, dass man aufessen musste, egal ob man hungrig war oder nicht. Es wurde am Ende auch versucht, den Schweinefleischkonsum zu reduzieren. Es gab dann eher Rind- oder Hähnchenfleisch. Man kann also auch noch im Alter einiges ändern…

Süßes, Süßes und nochmal Süßes!

Was oft im Alter zunimmt ist das Verlangen nach Süßem. Besonders meine Mutter hatte oft Lust auf etwas Süßes. Wahrscheinlich hat sie das Süße eher wahrgenommen. Sie brauchte löffelweise Zucker in den Tee, den sie früher ungesüßt trank. Irgendwann haben wir den Zucker durch Stevia ersetzt (Anm.: Stevia ist ein Zuckerersatz, auch mitunter umstritten). Vom Kaloriengehalt nicht weniger, aber es wird viel weniger benötigt, um den süßen Geschmack zu erzeugen. Aber er sah so aus wie Zucker und Süßstoff hätte sie nie genommen.

Anstelle von industriell produzierten Süßigkeiten sind selbstgemachte Nachtische und frisches Obst eine tolle Alternative. Wann haben Sie das letzte Mal Apfelküchlein gemacht? Oder frische Waffeln? Pudding? Rote Grütze? Obstsalat? All diese Dinge sind wenig Aufwand und garantieren viel Energie und Vitamine und sind obendrein noch gut zu essen, da sie nicht gekaut werden müssen. Aber das Stück Schokolade oder ein leckeres Stück Kuchen sollte man sich nicht verwehren.

Das Auge isst mit!

Gerade Obstsalat oder Obstspieße sind hervorragend dazu geeignet, um Spaß am gesunden Essen zu bekommen und Sie werden nicht glauben, wie ergiebig 1 Apfel, 1 Birne, 1 Banane und ein paar Erdbeeren und Himbeeren sind. Da hat man gleich eine ganze Schüssel produziert. Kleingeschnitten kann man sie gut als Snack zu sich nehmen und es macht echt Spaß! Vor allem kann man auch seine ‚Schützlinge‘ bei der Vorbereitung mit einbinden. Meine Mutter machte sich gerne ‚nützlich‘. Schnippeln oder etwas schälen – das ging immer. Dabei kann man gemeinsam am Küchentisch sitzen und auch ein wenig plaudern. Aber bitte dann nicht immer kritisieren, wie z.B.: „Das macht man so nicht! Wie schneidest Du denn die Banane!“ Denken Sie daran: Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten, wie man etwas tun kann und es muss ja auch nicht perfekt sein. Im Gegenteil: Solche gemeinsamen Vorbereitungen geben geradezu eine Steilvorlage zum Loben!    

Miteinander Kochen und Essen!

Gemeinsam etwas unternehmen und erleben! Genau das ist das Wichtige bei der Pflege. Natürlich ist es schwer dies mit den allgemeinen Pflichten zu vereinbaren, die eine Pflege noch so mit sich bringt. Gerade, wenn es um Bürokratie geht und den Aufwand, den man Betreiben muss, um Unterstützung zu erhalten etc.  – dann fühlt man sich schnell ausgelaugt. Aber ich finde, gerade eine Sache wie gemeinsames Kochen und Essen ist etwas, was wir eh‘ machen müssen und in der Regel wollen wir ja auch Zeit mit dem kranken Menschen verbringen.

Falls Sie einen Garten oder ein paar Gemüse- und Kräuterbeete haben – um so besser! Für viele Menschen bedeutet Gärtnern Entspannung. In der Regel kann man kleine Arbeiten auch noch mit Gelenkkrankheiten oder anderen Beeinträchtigungen machen. Es gibt auch die tolle Erfindung der Hochbeete, so dass man sich nicht bücken. Von denen gibt es welche, die auch noch auf Rollstuhlfahrer ausgerichtet sind. In so manchem Altenheim gibt es die Möglichkeit sich als Bewohner im Garten (falls vorhanden) nützlich zu machen.

Geringes Bewusstsein und Aufklärung seitens der Ärzte

Leider gibt es immer noch sehr wenige Ärzte, die einen Zusammenhang zwischen der physischen und psychischen Gesundheit und der Ernährung herstellen. Im Prinzip kann es doch recht einfach sein, aber immer noch wird schneller ein Medikament verschrieben, als dass man zunächst wenigstens parallel auch die Ernährungsgewohnheiten analysiert. Mit Gewürzen und Kräutern kann man viele Krankheiten zunächst verbessern und sowohl das Wohlbefinden sowie die Aktivität steigern. Der NDR hat vor einiger Zeit seine Erfolgsgeschichte mit den Ernährungs-Docs gestartet (Link setzen: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die-ernaehrungsdocs/index.html). Dort werden anhand verschiedener Beispiele aufgezeigt, dass ein gesunder und überlegter Umgang mit Ernährung Krankheiten manchmal heilen kann oder zumindest die Folgen und Beeinträchtigungen von Erkrankungen mindern kann. Dabei kann es auch noch Spaß machen, sich mit Ernährung auseinanderzusetzen. Es lohnt sich auf die Webseite zu gehen. Dort gibt es wertvolle Tipps, Rezepte und Ernährungsinformationen. 

Doch eines sei zum Abschluss gesagt: Es gibt unzählige Ernährungsphilosophien, die geradezu ans Missionieren erinnern. Jeder glaubt, dass er das einzige Wahre erkannt hat und weiß. Versuchen Sie selbst ein gesundes Mittelmaß zu erreichen und lassen Sie sich auch nicht verrückt machen. Essen soll Genuss bereiten und hat noch ganz viel mehr zu bieten!      

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen guten Appetit!

Ihre Waltraud Gehrig 

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