Baden-Württemberg

Volle Kitas und Grundschulen erwünscht? Notbetreuung in der Kritik

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dpa/lsw
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Symbolbild. © Arno Burgi

Stuttgart. Angesichts weiter steigender Zahlen von Kindern in Notbetreuung schlagen Baden-Württembergs Lehrer- und Erzieherverbände Alarm. In sehr vielen Kitas und Grundschulen gebe es eine Auslastung von 60 bis 70 Prozent, erklärte ein Sprecher des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). "Dies ist dann in der Tat eine Öffnung durch die Hintertür. Der Infektionsschutz wird hierdurch konterkariert." Die Gewerkschaft Verdi bemängelte, dass Kitas durch die unverbindlichen Regelungen faktisch die ganze Zeit offen seien - mit Teams in voller Besetzung. Das Kultusministerium will jedoch an den Zugangsbedingungen nichts ändern - und nennt weit niedrigere Zahlen.

Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf verständigt, den Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie bis zum 14. Februar zu verlängern. Baden-Württembergs Landesregierung plant jedoch eine schrittweise Öffnung von Kitas und Grundschulen ab dem 1. Februar, sofern die Infektionszahlen das zulassen. Für Kita-Kinder und Schüler der Klassen 1 bis 7 soll es aber schon vorher wie bislang die Möglichkeit einer Notbetreuung geben. Die Voraussetzungen dafür sind recht vage formuliert.

Genau das stößt bei den Verbänden auf Kritik. Der VBE forderte "klare Kante und klare Regeln": Es müssten systemrelevante Berufe definiert werden. Nur Eltern, die beide in solchen Berufen arbeiteten und nachweisen könnten, dass sie an der Arbeit unabkömmlich seien, dürften ihre Kinder in Notbetreuung schicken. Mit den derzeitigen Regelungen könne nicht die Rede von geschlossenen Kitas sein.

Bei Verdi heißt es, die pädagogischen Fachkräfte fühlten sich durch die unverbindlichen Vorgaben und mangelhaften Schutz im Stich gelassen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg sieht ebenfalls eine Verschärfung der Aufnahmebedingungen als möglichen Lösungsweg, wie ein Sprecher erklärte - oder aber die Öffnung weiterer Gruppen mit mehr Personal, etwa Lehramtsstudenten.

Das Kultusministerium hingegen sperrt sich gegen strengere Regelungen. Nicht nur Eltern in systemrelevanten Berufen könnten auf eine Betreuung ihrer Kinder zwingend angewiesen sein, betonte eine Sprecherin. Dass Eltern keinen Nachweis über ihren Bedarf erbringen müssten, liege daran, dass der Vorlauf bis zur Inanspruchnahme der Notbetreuung oft sehr kurz sei.

Der Vorwurf, manche Eltern nähmen das Angebot "missbräuchlich" in Anspruch, sei nicht angebracht. Der Anteil der Schüler, die in Notbetreuung seien, sei zuletzt um etwa ein Drittel gestiegen und liege landesweit bei etwa 15 Prozent. Bei Kitakindern seien es zwischen 25 und 50 Prozent, wobei die Betreuungsquote in Einzelfällen deutlich darüber liegen könne. Über diese Zahlen hatten zuvor auch "Stuttgarter Zeitung" und die "Stuttgarter Nachrichten" berichtet.

Viele Familien seien von der aktuellen Situation extrem belastet und fänden möglicherweise keine eigenen Lösungen mehr zur Betreuung ihrer Kinder, erklärte die Ministeriumssprecherin. Es stelle sich die Frage, ob eine Öffnung der Kitas und Grundschulen nicht der angemessenere Weg wäre. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) setzt sich seit Wochen dafür ein. Auch der Gemeindetag befürwortet nach Angaben einer Sprecherin diesen Weg und nennt wieder andere Zahlen zur Auslastung: Bei einem Großteil der befragten Kitas und Grundschulen liege diese bei 30 bis 50 Prozent.

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