Deutsche Bank - Turbulente Hauptversammlung am kommenden Donnerstag abzusehen / Erster großer Auftritt des Vorstandsvorsitzenden Christian Sewing

Anteilseigner erwarten Klarheit vom neuen Chef

Von 
Rolf Obertreis
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Frankfurt. Die schlechte Vergangenheit haben die meisten abgehakt. Kritik an John Cryan oder Marcus Schenck ist ohnehin nutzlos. Der britische Ex-Vorstandschef der Deutschen Bank wurde Anfang April geschasst, der Chef der Investmentbank hat seinen Hut genommen. Mit Widerworten hat nur Aufsichtsratschef Paul Achleitner zu rechnen – der für die häufigen Rochaden an der Spitze des größten deutschen Geldhauses verantwortlich ist.

Mehrere Tausend Aktionäre werden am kommenden Donnerstag bei der Hauptversammlung in der Frankfurter Festhalle ihren Blick vor allem auf Christian Sewing richten – auf den neuen Chef des in den letzten Jahren von Skandalen, teuren Rechtsstreitigkeiten, hohen Verlusten und einer Talfahrt des Aktienkurses gezeichneten Geldhauses. Der 48-Jährige gilt als Hoffnungsträger, der das Unternehmen aus dem Dauertief herausführen kann. Viel über seine Strategie hat er bislang allerdings nicht verlauten lassen. Hängen geblieben ist das Schlagwort von der „Jägermentalität“, die man zurückgewinnen müsse. Und dass Erträge und Gewinne viel zu niedrig, die Kosten viel zu hoch seien.

Im ersten Quartal verbuchte die Deutsche Bank einen mageren Gewinn von 120 Millionen Euro. US-Wettbewerber kamen auf Milliarden. Rating-Agenturen drohen mit einer schlechteren Einstufung. Das würde die Refinanzierung verteuern. Der Aktie dümpelt um elf Euro, hat seit Jahresanfang 30 Prozent verloren. Analysen raten zum Verkauf, einige sehen nur noch acht Euro.

Zwölf Manager müssen gehen

Die Erwartungen an Sewing sind hoch. Viele wünschen ihm Erfolg. „Wir brauchen in Deutschland eine international stark und gut aufgestellte Großbank“, sagt der Chef einer renommierten Frankfurter Privatbank. Allein schon, um deutsche Unternehmen bei ihren Geschäften jenseits der Grenze zu unterstützen.

Auch bei Aufsehern genießt der neue Bank-Chef einen guten Ruf. „Wir schätzen hin“, betont Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Finanzaufsicht. Auch wenn Sewing noch keine detaillierte Strategie präsentiert hat – er greift durch. Cryan, Schenck und die scheidende IT-Chefin Kim Hammonds („Die unfähigste Firma, bei der ich je gearbeitet habe“) werden nicht ersetzt, der Vorstand schrumpft von zwölf auf neun Köpfe. Die Führungsgremien der Privatkundensparte und der Investmentbank werden gestrafft. Zwölf Top-Manager müssen gehen.

Die Bank hat eigenen Angaben nach in den letzten Monaten Experten etwa für die Unternehmensfinanzierung gewinnen können. Aber ihr fehlen Manager mit einem Netzwerk in der Heimat, aber auch international – so wie es einst Ex-Co-Chef Jürgen Fitschen hatte. Die Verbindung in die Wirtschaft leidet auch dadurch, dass im Aufsichtsrat nach der Hauptversammlung keine Vertreter der deutschen Industrie mehr sitzen werden. Als letzte verlassen Ex-SAP-Chef Henning Kagermann und der Eon-Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen das Gremium.

Korrespondent Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich für den Mannheimer Morgen und für andere wichtige Regionalzeitungen wie den Tagesspiegel/Berlin, die Badische Zeitung/Freiburg, die Südwest Presse/Ulm und den Münchener Merkur als Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Banken, Europäische Zentralbank, Bundesbank, Börse und in Frankfurt ansässige Unternehmen wie Lufthansa und auch Verbände wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA zählen zu meinen Schwerpunkten. Daneben auch die Luftfahrt. Zudem befasse ich mich über die KfW Bankengruppe und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit.

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