Amazon-Versandzentrum - In Koblenz steht das Vorbild für den neuen Standort Frankenthal / Warenumschlag im Stundenrhythmus

Millionen Artikel lagern auf drei Stockwerken

Von 
Bernhard Zinke
Lesedauer: 
In zwei Hallen – jede so groß wie zwei Fußballfelder – lagert der Versandhändler Amazon in Koblenz sein Sortiment. © zinke

Koblenz. In der riesigen Halle herrscht emsige Betriebsamkeit. Aber keine Hektik. Dabei läuft das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren – und das bedeutet, dass es im Amazon-Versandzentrum Koblenz so richtig brummt. An dem Standort des Onlinehändlers lässt sich schon heute beobachten, was ab kommenden Jahr auch in Frankenthal vor sich gehen wird, wo derzeit ein vergleichbarer Umschlagplatz entsteht.

Fotostrecke

Besuch bei Amazon im Logistikzentrum Koblenz

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
15
Mehr erfahren

Normalerweise verlassen 150 000 bis 200 000 Artikel täglich das Versandzentrum, das nur einen Steinwurf von der Autobahnabfahrt an der A 61 kurz vorm Autobahnkreuz Koblenz liegt. „Im Weihnachtsgeschäft verdoppelt und verdreifacht sich die Zahl allerdings“, berichtet der Leiter des Versandzentrums, Nicolai Lisac. Dann wird das Personal nochmals beträchtlich aufgestockt. Zusätzlich zu den festangestellten fast 2000 Mitarbeitern sind dann weitere 1500 Saisonkräfte im Einsatz, um den Ein- und Ausgang der Warenmengen zu bewältigen. „Wir bereiten uns eigentlich das ganze Jahr auf Weihnachten vor. Im September werden dann schon die ersten Zeitverträge abgeschlossen“, sagt Lisac.

„Völlig chaotische Lagerhaltung“

Zahlreiche Saisonkräfte kommen immer wieder. Wer im Sommer in der Gastronomie und im Tourismus rund um Koblenz arbeitet, überbrückt so die Herbst- und Winterzeit bis zur nächsten Saison. Auch finden viele Studenten hier einen Job. Und auch 100 Flüchtlinge haben hier schon erste Einblicke in die Arbeitswelt gefunden.

Der Job ist schnell gelernt. „Die Tätigkeiten hier sind nicht so komplex. Das hat man in ein bis zwei Tagen drauf“, weiß Lisac. Zumal bis zu 200 sogenannte Mentoren die neuen Kollegen anlernen und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Rodrigo Fuentes Herrera beispielsweise ist ein junger Mann aus Chile, der in einem sogenannten Work & Travel-Programm durch Europa unterwegs ist. Er macht Urlaub und jobbt hier in Koblenz, um sich das nötige Geld für die Reise zu verdienen.

Für den Besucher von außerhalb ist das Logistik-System indessen kaum zu durchschauen. Im sogenannten Pick-Tower lagern in drei Stockwerken zu je 200 Regalreihen insgesamt zwei Millionen Artikel. Diese sind allerdings keineswegs nach Warengruppen sortiert. In einem Regal stapeln sich neben Riesendosen mit Proteinnahrung DVDs, elektrische Zahnbürsten und Kuschelkissen. „Wir haben hier eine völlig chaotische Lagerhaltung“, erklärt Amazon-Sprecher Thorsten Schwindhammer. Ansonsten könnte das Unternehmen die Flut der ein- und ausgehenden Waren gar nicht stemmen. Ein Regalfach, mit eigener Strichcode-Nummer ausgestattet, kann schon mal bis zu sechs verschiedene Produkte beherbergen. Umgekehrt liegt der gleiche Artikel an mehreren verschiedenen Stellen im Pick-Tower.

„Eingelagert wird, wo Platz ist“, sagt Schwindhammer. Der Kommissionierer, der die Bestellungen aus den Regalen in gelbe Transportkisten packt, muss erkennen können, welches Produkt gefordert ist und was er aus der Auswahl des Regals herausholen muss. Wichtigstes Arbeitsgerät für alle Abteilungen ist der Scanner. Das rund 20 Zentimeter große Gerät mit Bildschirm und Tastatur, das wie eine Pistole in der Hand liegt, leitet den Mitarbeiter auf dem Weg zum richtigen Regal. Dabei ist der Angestellte nur in einem relativ überschaubaren Bereich des Lagers unterwegs. „Pro Schicht kommen da etwa zehn bis zwölf Kilometer Laufwege zusammen“, nennt Schwindhammer Ergebnisse von Untersuchungen, die Amazon aus Arbeitsschutzgründen hat anstellen lassen.

„Kein Artikel liegt hier länger als vier bis fünf Wochen in den Regalen“, erklärt der Unternehmenssprecher. Die umsatzstärksten Produkte, die gar im Stundenrhythmus umgeschlagen werden, packen die Mitarbeiter erst gar nicht in Regale. In zwei Hallen, jeweils so groß wie zwei Fußballfelder, hat Amazon die Produkte palettenweise abgestellt. Windeln, Kaffee, Haarspray und Wein gehören dazu. „Wir haben hier in Koblenz das größte Weinlager im deutschen Amazon-Netzwerk“, sagt Schwindhammer.

Kisten in gelb und schwarz

Großgeräte gibt es in Koblenz und Frankenthal nicht. Dafür sind andere Logistikzentren des Konzerns zuständig. Umgeschlagen wird hier alles, was in eine der gelben Transportkisten passt. Diese Kiste darf maximal 15 Kilo wiegen. Auch die Farben der Kisten haben System: Gelbe Kisten werden hier in Koblenz versandfertig gemacht, weil alle bestellten Waren vorhanden sind. Schwarze Kisten werden an andere Logistikzentren geschickt und dort fertig gepackt mit den Waren, die dort vorrätig sind.

So wie in Koblenz wird auch das Frankenthaler Lager funktionieren, nur dass hier noch ein wenig mehr Transporttechnik verbaut wird und Roboter die Mitarbeiter unterstützen werden. Zunächst werde man mit etwa 1000 Mitarbeitern an den Start gehen, sagt Schwindhammer. Aber der Entwicklungschef der Logistiklager, Gregory Bryan, hat schon signalisiert, dass auch in Frankenthal sehr schnell 2000 Jobs für festangestellte Mitarbeiter zur Verfügung stehen sollen – eine Zahl, die im Weihnachtsgeschäft durch Saisonkräfte verdoppelt wird. Das lehre die Erfahrung.

Info: Fotostrecke unter morgenweb.de/wirtschaft

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Mehr zum Thema

Wirtschaft Pro und Contra

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Fotostrecke Besuch bei Amazon im Logistikzentrum Koblenz

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Adolf Würth Helene Fischer trat beim Würth-Betriebsfest auf

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Copyright © 2024 Mannheimer Morgen