Leugnen des Völkermords an den Armeniern ist bedrückend

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Die Position des Ehrenvorsitzenden der türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, ist unerträglich und weit vom Bemühen um Wahrheitsfindung entfernt. Unerträglich deswegen, weil seit 100 Jahren nicht nur "geforscht und kontrovers diskutiert wird", wie er sagt, sondern auch - was er glatt unter den Tisch fallenlässt - die Beweise für den Völkermord an den Armeniern offen zutage liegen.

Es war der evangelische Pfarrer Johannes Lepsius, der in seiner Eigenschaft als Mitglied der Deutschen Orient-Mission 1915 Augenzeuge dieses Genozids wurde. Er berichtete in seinen Veröffentlichungen ausführlich darüber und erhielt sehr schnell Publikationsverbot, da das Deutsche Kaiserreich die Waffenbrüderschaft mit dem Osmanischen Reich angesichts des Ersten Weltkrieges nicht gefährden wollte.

Genau so wie Lepsius erdrückende Beweise auf den Tisch legte, taten das auch andere - wie der Politiker und Polarforscher Fridjof Nansen und der deutsche Schriftsteller Armin T. Wegner. Darüber hinaus lassen zwei Publikationen nicht den Hauch eines Zweifels an der Tatsache dieses Völkermords aufkommen (Rolf Hosfeld: "Tod in der Wüste" und Wolfgang Gust "Der Völkermord an den Armeniern 1915/16 - Dokumente aus dem Archiv des Deutschen Auswärtigen Amtes").

Was die Glaubwürdigkeit des Kommentars angeht, hier zwei Beispiele: Keskin behauptet, Armenier und Türken lebten bis 1915 "mehr als tausend Jahre in friedlicher Nachbarschaft zusammen." Traurige Tatsache ist aber, dass wenige Jahre zuvor, in den Jahren 1894-1897, der türkische Herrscher Abdul Hamid II sich daran machte, die Armenier auszulöschen, bis dieser Name nicht mehr existierte, was 600 000 Armeniern das Leben kostete - in meinen Augen der erste Genozid an den Armeniern, von dem aber heute kaum noch eine Rede ist.

Zum Zweiten: Dieser "Ehrenvorsitzende" spricht von Zwangsumsiedlung" als militärischer Notwendigkeit. Dann soll er doch bitte mal erklären, was das zu tun hat mit dem Flammentod von 2000 aneinandergefesselten und dann mit Kerosin übergossenen armenischen Waisenkindern (so bei Hosfeld) - eine besonders bestialische Tötungsart, die uns an die schlimmsten Gräuel des Holocausts erinnert.

Es ist bedrückend für mich, dass türkische Mitbürger vom Schlage eines Keskin in der vorliegenden Form einen Völkermord leugnen dürfen. Es ist für mich eine schwierige Frage, ob das noch vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung getragen wird. Deswegen schlage ich vor und appelliere an die Mitglieder des Deutschen Bundestags unserer Region, sich darüber Gedanken zu machen, jegliches Leugnen eines Völkermords per Gesetz unter Gefängnisstrafe zu stellen - parallel zum Umgang mit der sogenannten "Auschwitzlüge".

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