Warum Menschen eher Computern vertrauen als Mitmenschen

Gabór Jánszky ist Trend- und Zukunftsforscher. Neue Entwicklungen kämen viel schneller als viele denken, sagt er. Von Michael Roth

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Ein Zukunftsforscher kann auch nicht in die Zukunft sehen. Er hat keine Glaskugel oder übersinnlichen Kräfte. Er geht ganz irdisch vor: Gabór Jánszky befragte rund 1500 Forscher und Entwickler großer Firmen aller Branchen auf der ganzen Welt nach Technologietrends: "Was tut ihr, warum tut ihr es, und warum glaubt ihr, dass die vorhergesagte Entwicklung eintreten wird?" Antworten gibt es von Intel und Thyssen-Krupp, von Volkswagen und Siemens. Aus der Schnittmenge der Antworten entstehen dann seine Prognosen.

Eine Erkenntnis hat sich in den vergangenen Jahren immer wiederholt. Innovationen kommen viel schneller als viele denken. Sie entwickeln sich nicht linear, sondern exponentiell, also beschleunigen im Zeitverlauf. Das berichtete Jánszky beim Kongress "FuturBrandCom" der Mannheimer Marketingagentur trio-group. Der Kongress fand anlässlich des 20. Geburtstages von trio im Mannheimer Schloss statt. Trio ist mit rund 130 Mitarbeitern eine der größten Marketingagenturen in der Region.

Lineare Prognosen seien nicht schlimm, aber eben falsch, so Jánszky. Es gelte bei Trends das aus der Informationstechnologie bekannte Moor'sche Gesetz: Alle zwei Jahre verdoppelt sich die Leistung eines Prozessors, wobei die Herstellungskosten sinken. Auf die Trends gemünzt heißt das: Neue Produkte kommen viel schneller auf den Markt als erwartet und werden immer günstiger. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit seien Apps für Smartphones, erzählt Jánszky. Vor zehn Jahren sei das noch etwas für IT-Tüftler gewesen. Heute gebe es kaum noch Menschen ohne App auf dem Smartphone. Prognosen, denen zufolge neue Entwicklungen in zehn Jahre kommen, müssten korrigiert werden - "sie kommen in sechs Jahren".

Das Softwareprogramm Watson beispielsweise, entwickelt bei IBM, sei bald der beste Krebsspezialist der Welt, behauptet Jánszky. Das Programm werde permanent mit neuester medizinischer Literatur gefüttert und sei daher dem Arzt überlegen. Und Jánszky hat noch ein Beispiel aus der Medizin. In China gebe es einen Konzern, der arbeite an der Sequenzierung der menschlichen DNA. Daraus könne man erkennen, welche Menschen für welche Krankheiten anfällig, welche Malaisen genetisch angelegt seien. Und solch eine Analyse koste dann 100 Dollar, rechnet Jánszky vor. Wer weiß, für welche Krankheiten er anfällig sei, der ändere etwas an Ernährung oder Verhalten.

Und Menschen werden künftig eher auf digitale als auf menschliche Antworten vertrauen, sagt der Zukunftsforscher. Warum? "Weil die Maschine intelligentere Antworten gibt als der Mensch", antwortet Jánszky. Wer als Beifahrer in einer fremden Stadt unterwegs sei, der vertraue in aller Regel dem Navigationsgerät im Auto mehr als dem hinter dem Steuer sitzenden Fahrer.

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