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Die Möglichmacher

Ergotherapie: Wertvolle Hilfe bei der Rückkehr in einen geregelten Alltag

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Ergotherapeuten helfen Menschen, die in ihren Handlungen eingeschränkt sind.

© dpa

W enn sich die eigenen Finger mit aller Kraft in die Innenfläche der Hand bohren, geraten einfache Bewegungen zum Triumph. Bei einem von Anna Longrées Klienten war es der Griff zum Golfschläger. Der Mann litt an Morbus Dupuytren, einer Erkrankung, bei der sich die Sehnen in der Hand verkürzen. "Ihm war es total wichtig, wieder Golf spielen zu können", sagt die 23-jährige Ergotherapeutin. Eine Operation löste die Faust. In der Therapie danach rollte Longrée einen Teppich in der Klinik aus und brachte dem Mann bei, den Golfschläger zu halten. "Plötzlich war er der Experte und ist total aufgeblüht."

Ergotherapeuten helfen Menschen, die in ihren Handlungen eingeschränkt sind, in den Alltag zurückzukehren. Das betrifft Demenzkranke, Menschen mit einer Depression, Schlaganfall-Patienten, psychisch auffällige Kinder und viele andere. Ergotherapeuten fragen gezielt nach Gewohnheiten und Wünschen. Sie sprechen nicht von Patienten, sondern von Klienten, die sie auf Augenhöhe behandeln.

"Es geht darum, Menschen wieder fit für ihren Alltag zu machen", sagt Longrée und beschreibt Hilfsmittel, auf die sie zurückgreift. Rollatoren ermöglichen das Gehen, das ist klar. Aber wie versorgt man sich, wenn einfache Dinge wie Anziehen und Frühstücken unmöglich scheinen? "Wenn einer einen Schlaganfall hatte, halbseitig gelähmt ist und sein Brötchen nicht mehr schmieren kann, gibt es für die Küche so etwas wie ein Nagelbrett", sagt Longrée. Das Brötchen liegt fest darauf, mit einer Hand lässt es sich dann schmieren.

Ergotherapeuten hießen einst Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten. Die Anforderungen hätten sich stark verändert, erklärt Inga Junge vom Deutschen Verband der Ergotherapeuten (DVE). "Heute wird der Klient nicht mehr nur als Einzelperson mit einer bestimmten Erkrankung betrachtet, sondern die Beeinträchtigung in ihrer Gesamtheit gesehen", sagt die Referentin für Aus- und Weiterbildung. Es gibt zwei Möglichkeiten, in den Beruf einzusteigen - über die dreijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule oder das Studium.

Die Nachfrage nach Ergotherapeuten sei überall stark, sagt Geraldine van Gogswaardt, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Um die Anforderungen der Arbeitgeber zu erfüllen, seien unter anderem psychische Stabilität und Selbstkontrolle im Umgang mit zum Teil verhaltensauffälligen oder aggressiven Menschen wichtig, sagt van Gogswaardt. tmn/imp

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