Duale Hochschule Mannheim

"Basis für lebenslanges Lernen schaffen"

Hintergrundgespräch: Digitalisierung, Industrie 4.0, Integration von Flüchtlingen und steigende Akademisierung - Deutschlands Wirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen, die auch Auswirkungen auf die Berufsausbildung junger Menschen an der DHBW M

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Das Leitungsteam der DHBW Mannheim sieht sich für die Zukunft gut aufgestellt (v.l.): Prof. Dr. Jörg Baumgart, Prof. Dr. Georg Nagler und Prof. Dr. Andreas Föhrenbach.

© tröster

? Wir erleben rasante Zeiten des Wandels. Welche Branchen sind an der DHBW besonders gefragt? Wo liegt der Fokus bei den Interessen der Studierenden?

Prof. Dr. Andreas Föhrenbach: Insbesondere grundständige Studienrichtungen wie Informatik oder Maschinenbau sind wieder gefragt. Die Nachfrage an interdisziplinären Studiengängen ist in den technischen Fächern dagegen eher rückläufig. Das hängt mit der Nachfrage seitens der Wirtschaft zusammen. Die technischen Entwicklungsprozesse vollziehen sich immer schneller und auch branchenspezifischer, eine Vorbereitung auf kurzfristige Technologietrends ist im Rahmen eines Bachelor-Studiums kaum zu leisten. Das geschieht eher in der Berufspraxis, durch ein Masterstudium oder in Form von Weiterbildungen. Dafür schafft das Studium eine sehr gute Grundlage. Denn letztlich bereiten wir unsere Studierenden auf technische Problemstellungen vor, die sie heute noch gar nicht kennen.

Prof. Dr. Georg Nagler: Wir liefern das methodische Grundgerüst. Viele sind sich bewusst, dass sie diese Grundlagen die nächsten 50 Jahre nicht loslassen werden. Sie dienen als Basis für ein lebenslanges Lernen.

?Inwieweit reagieren Sie mit Ihrem Angebot auf Wandlungsprozesse in Industrie und Wirtschaft?

Nagler: Ab Herbst 2017 bieten wir mit der chemischen Technik einen neuen Studiengang an. Die Nachfrage der biotechnologischen Unternehmen in der Region ist enorm hoch. Auch dabei handelt es sich um einen grundständigen Studiengang, mit dem wir auch die vierte Säule der technischen Fächer abdecken.

Prof. Dr. Jörg Baumgart: Wir befinden uns derzeit in der Re-Akkreditierung. Im Rahmen dessen möchten wir auch auf Entwicklungen reagieren, etwa im Bereich Data Science. Dieses Thema ist für viele Unternehmen relevant, von Finanzdienstleistern bis hin zur Wirtschaftsinformatik. Wir planen deshalb, dies innerhalb von Studiengängen zu implementieren. Es geht weniger um grundlegende Änderungen als um langfristig angelegte Anpassungen.

? Stichwort Digitalisierung: Welche Herausforderungen inhaltlicher und technischer Art sehen Sie für die DHBW und welche Auswirkungen hat das auf Ihr Studienangebot?

Nagler: Die Digitalisierung ist bereits ein Mainstream, den wir ausbauen. So spielt etwa Cyber Security eine zunehmende Rolle in unserem Studienangebot. Wir bedienen damit eine Nachfrage, die von allen Seiten kommt, zum Beispiel von der Bundeswehr. Technologisch bedeutet das, dass wir in Equipment investieren müssen, das für eine qualitativ hochwertige Ausbildung erforderlich ist.

Föhrenbach: Eine große Rolle spielt die Digitalisierung bei der Re-Akkreditierung unserer Studiengänge. Die wichtigste Grundlage in der digitalen Gesellschaft ist eine gute Basisausbildung. Bei den Soft Facts müssen wir nachlegen: Interpretierendes Denken, Systematik, Transfer und Kommunikation. All das muss interdisziplinär stattfinden ...

Nagler: ... weshalb wir auch keinen Studiengang "Industrie 4.0" anbieten. Denn Industrie 4.0 ist überall, auch ein BWL-Absolvent muss diese Implikationen berücksichtigen.

Föhrenbach: Ein Student muss wissen, wo die Inhalte seiner Ausbildung zu verorten sind. Der interdisziplinäre Blick wird dabei wichtiger, weshalb wir vor allem Basiswissen und Vernetzung lehren müssen. Die Digitalisierung müssen wir nicht vermitteln; die aktuellen Jahrgänge sind per se Digital Natives.

? Hat der Zuzug von Flüchtlingen Auswirkungen auf die DHBW? Gibt es Maßnahmen zur Integration?

Nagler: Wir kooperieren seit März 2016 mit unserem dualen Partner SAP im Pilot-Projekt "Pre-WISCI", einem Vorbereitungsprogramm für junge Geflüchtete. Die Nachfrage ist sehr groß, wobei wir sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben, was die Qualität von Abschlüssen und die vorhandenen Grundkenntnisse angeht. Der Erfolg einer kleinen Gruppe von Teilnehmern, die im Oktober 2016 ihr Studium an der DHBW aufnehmen konnten, hat uns ermutigt, das Projekt gemeinsam mit SAP und der DZ Bank fortzusetzen. 2018 möchten wir möglichst für alle Studiengänge eine Eingliederung ermöglichen; dann sind viele der Geflüchteten bereits seit drei Jahren im deutschen Bildungssystem integriert. Ohne SAP als Ankerinvestor wäre das Projekt allerdings nicht realisierbar.

Baumgart: Ziel ist es, ein mit den übrigen Studierenden vergleichbares Level zu erreichen. Wir planen einen Informationstag für unsere dualen Partner, um dieses Projekt noch flächendeckender gestalten zu können.

? Immer mehr frühere Ausbildungsberufe verlangen mittlerweile ein Studium - Chance oder Risiko für die DHBW?

Nagler: Diese Entwicklung sehen wir mit einer gewissen Sorge. Das letzte, was wir wollen, ist eine Entwertung dualer Ausbildungsgänge. Auch in Zukunft werden wir diese Berufe brauchen. Eine bedeutungsgerechte und ehrliche Prüfung von Bildungsflexibilitäten ist der richtige Weg. Für viele ist eine duale Ausbildung eine gute Grundlage, um gutes Geld zu verdienen und ein gutes Leben zu führen.

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