Odenwaldhölle Karin Hartmann sollte sich vor die Betroffenen stellen

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"Zitat des Tages", BA vom Freitag, 24. Januar

In der Ausgabe des Bergsträßer Anzeiger vom 24. Januar wird die Landtagsabgeordnete Karin Hartmann zu der Odenwalddebatte mit der Aussage zitiert, dass in diesem Fall "Blödsinn mit Blödsinn beantwortet" wurde.

Ich stimme Frau Hartmann zu, dass der Artikel der Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Blödsinn war und auch noch ist. Im Weiteren kann ich aber Blödsinn nur noch in Frau Hartmanns Aussage erkennen. Ich will dies gerne begründen.

Ich bin 1946 in Fürth/Odw., also nahe der von Frau Baum beschriebenen "Odenwaldhölle", geboren, bin dort aufgewachsen und habe 30 Jahre lang dort gelebt. Später bin ich mit meiner Familie aus beruflichen Gründen nach Bensheim gezogen. Ich lebe gerne in Bensheim, fühle mich aber nach wie vor meiner Odenwälder Heimat verbunden. Ich kann mit Recht sagen, ein Odenwälder zu sein, da meine Vorfahren zum Teil schon länger als 400 Jahre im Odenwald ansässig waren.

Natürlich kann man so einen Text als Blödsinn abtun und totschweigen. In diesem Fall musste aber reagiert werden, da zum einen der Artikel ehrverletzende Aussagen enthält und ich es zum anderen für notwendig finde, dass Journalisten spüren, wie und in welchem Umfang Leser und Betroffene auf das Geschriebene reagieren. An einem Beispiel möchte ich zum Ausdruck bringen, weshalb mich die Ausführungen von Frau Baum empört haben. Sie schreibt: "... der Odenwald, der für sich genommen wirklich wunderschön war, hätten nicht diese kleinen, gedrungenen, eternitvernagelten Häuser und die Neubauten, bei deren Anblick man sofort anfangen musste zu weinen, in ihm herumgestanden. Verantwortlich für diese Häuser und Neubauten waren schätzungsweise Bauprojektführer ... und Familienoberhäupter, deren Köpfe aus unterschiedlichsten Gründen vernagelt oder gleichgültig gegenüber dem Odenwald gewesen sein müssen."

Ehrverletzende Aussagen

Als ich das gelesen habe, ist mir in den Sinn gekommen, wie meine Eltern Anfang der 60er Jahre ein Haus für ihre Familie gebaut haben - ohne Kapital, nur mit Muskelkraft und der Gewissheit, dass man über Jahre sparsamst leben musste. Da spielte die Architektur keine Rolle; man war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Für solche Menschen und deren Nachkommen sind solche Ausführungen, wie die von Frau Baum, ehrverletzend und gehen vollkommen an den Tatsachen vorbei.

Wir wissen alle, dass die Odenwälder Bevölkerung in der Vergangenheit nicht mit Reichtümern gesegnet war, insofern treffen solche Verhöhnungen alle Menschen, die dort gelebt haben und ihr Leben fristen mussten. Deshalb kann man einen solchen Artikel nicht totschweigen, sondern muss darauf reagieren.

Jeder Journalist kann schreiben, was er will, aber der Bürger hat auch das Recht darauf, zu reagieren und seine Meinung zu äußern. Wenn man den in der Ausgabe vom 19. Januar der besagten Sonntagszeitung erschienenen "Unterstützungsartikel" von zwei anderen Redakteuren liest, dann schwillt einem erst recht der Kamm. Diese Leute konnten es nicht unterlassen, rechtschaffene, biedere Bürger aus Rimbach zu verhöhnen und lächerlich zu machen.

Frau Hartmann ist es unbenommen, diese Meinung des "Totschweigens" zu vertreten. Aber eine gewählte Politikerin, die nicht die Interessen der Bevölkerung ihres Wahlkreises vertritt und sich in einem solchen Fall nicht schützend vor die Betroffenen stellt, sollte vielleicht mal in Klausur gehen.

Heinz Hebling

Bensheim

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