Naturschutzzentrum Nicht aus Übereifer das Kind mit dem Bade ausschütten

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Nachspiel nach dem Beinahe-Unglück, BA vom Freitag, 13. Juni

Nach dem Vorfall auf der Jubiläumsveranstaltung im Naturschutzzentrum Bergstraße (NZB) ist die Zeit gekommen, nach der anfänglichen Aufregung und manchem Schnellschuss aus der Hüfte heraus zur Besinnung und einer realistischen Abwägung der Geschehnisse zurückzufinden.

Einige Bretter - erst eines, dann noch ein zweites und wohl noch ein drittes -, die man provisorisch vor die Oberlichter unter dem Dach des Saales gestellt hatte, um das Tageslicht abzudämpfen und einige Lichtbilder den Versammelten zu zeigen, waren heruntergestürzt.

Gottseidank kam es dabei nicht zu ernsthaften Verletzungen. Es war klar, dass sofort Anweisungen zum Schutz der Anwesenden, darunter einer Schulklasse, getroffen werden mussten. Nach Entfernen der übrigen Bretter wurde die Festveranstaltung fortgesetzt. Man hätte im Nachgang den Vorfall mit den Betroffenen ernst und kritisch besprechen können. Leider wurden aber aus der momentanen Aufregung heraus sofort weitreichende Schuldzuweisungen und persönliche Verantwortlichkeiten laut. Die rasche Veröffentlichung in der Presse tat ein Übriges, dass sich die Betroffenen, in erster Linie Frau Veronika Lindmayer und ihre Mitarbeiter, durch die Art und Weise, wie der Vorfall behandelt wurde, tief verletzt und missachtet fühlten.

Als Mitglied des Beirats des NZB von der Zeit der Gründung an habe ich die Arbeit und die Entwicklung des NZB begleitet - bis zu dem, was es heute ist: ein weithin anerkanntes Zentrum der Umweltbildung im Kreis Bergstraße mit Ausstrahlung weit über Hessen und Deutschland hinaus, eine Begegnungsstätte, wo die Gedanken des modernen Naturschutzes ausgetauscht werden, und ein Ort, wo sich schon Hunderte Kindergruppen, Schulklassen sowie Jugendliche für die Naturvielfalt begeistern ließen.

Das ist unstreitig das Verdienst der pädagogischen Leiterin Veronika Lindmayer und ihrer engsten Mitarbeiter. Sie hat den Aufbau und die Fortentwicklung des NZB zu ihrem Lebenswerk gemacht. Diese Aufgabe hat sie bis heute mit beispiellosem Fleiß, mit Gewissenhaftigkeit und persönlichem Einsatz ausgeführt. Attacken, ihre Befähigung und Eignung anlässlich des Unfalls infrage zu stellen, sind maßlos überzogen und nicht gerechtfertigt.

Zu einer vernünftigen Verarbeitung des Vorfalls ist Einsicht von zwei Seiten nötig: Der Vorfall darf nicht bagatellisiert werden, da schwerwiegende Folgen nicht ausgeschlossen waren. Es muss klar sein, dass hier ein Fehler gemacht wurde, wenn auch nicht vorsätzlich fahrlässig. Kein Zweifel, dass die Betroffenen das auch so sehen. Auf der anderen Seite darf es nicht zu einer Instrumentalisierung des Vorfalls für irgendwelche anderen Zwecke und Interessen kommen. Und aus Übereifer sollte man sich nicht hinreißen lassen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Ein offenes persönliches Gespräch könnte auch hier hilfreich sein.

Keinem wäre geholfen, wenn der engagierten Leiterin des NZB der Mut genommen würde, diese großartige Begegnungsstätte, ein Aushängeschild für die Stadt und den Kreis, weiterhin mit Leben zu erfüllen.

Stephan Schäfer

Mitglied des Beirats des

Naturschutzzentrums Bergstraße

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